Die Brüsseler Asbestkonferenz

Am 17. und 18. September 2012 fand die Brüsseler Asbestkonferenz (EFBH) statt, zu welcher die Anwälte Battenstein & Battenstein eingeladen wurden und das folgende Arbeitspapier zur Asbestproblemlage in Deutschland erstellten.

Gelegentlich der anschließenden öffentlichen Anhörung über Asbest im Europäischen Parlament wurden unser Arbeitspapier und unsere Presseerklärung dem Vorsitzenden des EU-Aus-schusses MEP Sir Hugues überreicht, welcher interessiert und sachverständig auf unseren Hinweis reagierte und in der anschließenden Anhörung zugleich darauf einging, was die durch ein tödliches Asbestmesotheliom geschädigten Hausfrauen anbetrifft, welche etwa jahrelang die asbestkontaminierte Arbeitskleidung ihrer Ehemänner zuhause reinigten.

Sir Hugues bezog sich also freundlicherweise zu Beginn der Ausschußsitzung auf das Gespräch mit dem Anwalt und die Mesotheliomfälle.

Folgend nun also das Arbeitspapier und die Presseerklärung im Wortlaut.

Arbeitspapier der Rechtsanwälte Battenstein & Battenstein zur Brüsseler Asbestkonferenz am 17. und 18. September 2012 hier: Problempunkte der deutschen As bestopfer und nationale/internationale Lösungsvorschläge (Art. 6 der Menschenrechtskonvention würde ein faires Verfahren in den einzelnen Ländern indizieren)

  1.  „Strengbeweis“ zu Lasten der Asbestopfer in DeutschlandIn Deutschland wird zu Lasten der Asbestkrebsopfer beruflicher Art ein sogenannter Strengbeweis praktiziert, obwohl die gesetzliche Vorgabe in Deutschland lautet, daß sich nach der freien Überzeugungsbildung entscheidet, ob ein Schaden entstanden ist durch Asbest, und wie hoch sich der Schaden beläuft, § 202 SGG in Verbindung mit § 287 I ZPO analog.Selbst für den Nachweis einer Asbestgefährdung mehr als 30 Jahre zuvor beim Asbestmesotheliom wird in Deutschland von der Sozialgerichtsbarkeit der Strengbeweis angewandt und praktiziert zu Lasten der Asbestkrebsopfer.Unter anderem hat die Anforderung des Strengbeweises zur Folge, daß zu Lebzeiten des an einem Mesotheliom oder einem Asbestlungenkrebs erkrankten Versicherten keine Entschädigung gewährt wird, weil nur die Obduktion die nötige Sicherheit ergäbe.
  2. Gesetzliche Vermutung, § 9 Abs. 3 SGB VIIhier: Änderungsvorschlag in dem Sinne wie folgt:
    „Erkranken Versicherte, die einer beruflichen Asbestbelastung ausgesetzt waren, an einer Erkrankung im Sinne der Nummern 4103, 4104, 4105, 4114 insbesondere und ist eine anderweitige Alleinursächlichkeit nicht offenkundig, wird vermutet, daß die Krankheit infolge der versicherten Tätigkeit, d.h. der beruflichen Tätigkeit verursacht worden ist“.Dieser Änderungsvorschlag soll dazu beitragen, daß der rechtswidrig in Deutschland praktizierte Strengbeweis ausgerechnet im Sozialrechtsfall abgemildert wird, worauf der Änderungsvorschlag abzielt.
  3. Arbeitstechnisches „Parteigutachten“ des berufsgenossenschaftseigenen Technischen Aufsichtsdienstes bzw. der Abteilung Prävention in der eigenen Entschädigungsangelegenheit der Berufsgenossenschaft, welche tatsächlich nachgerade ausnahmslos in Deutschland den Sozialgerichtsurteilen zugrundegelegt werden zu Lasten der Asbestkrebsopfer.
  4.  Medizinisches bzw. pathologisches „Parteigutachten“ zugunsten der Berufsgenossenschaft, zu Lasten der AsbestopferIn Deutschland nehmen die Berufsgenossenschaften zunehmend Einfluss auf die Beweiserhebung, und zwar etwa durch ein pathologisches Gutachteninstitut, das sogenannte Mesotheliomregister in Bochum, welches in Deutschland von den Berufsgenossenschaften bezahlt wird und an eine Universität gewissermaßen angehängt ist.Eine von den Berufsgenossenschaften bezahlte Gutachterin, Prof. Dr. T. in Bochum, eine Pathologin, entscheidet nun in fast allen Fällen, ob eine sogenannte Minimalasbestose beim Asbestlungenkrebs vorliegt oder nicht, weswegen der Arbeitsmediziner gar nicht mehr gehört wird. Zunehmend wird aus einer Asbestose eine angeblich idiopathische Lungenfibrose.
  5.  Tödliches Hausfrauenmesotheliom durch Asbest, d.h. von Ehefrauen, die ein Pleuramesotheliom deshalb erleiden, weil sie früher die Arbeitskleidung ihrer Männer zuhause gereinigt und vom Asbeststaub befreit haben.Rechtliche Anspruchsgrundlage für die Versicherung und den Versicherungsschutz ist § 2 Abs. 2 SGB VII in Deutschland, Tätigkeit und Gefährdung „wie ein Versicherter“.Trotz positiver Gesetzeslage in Deutschland wendet die Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit diese Vorschrift nicht an, zum Schaden der geschädigten Hausfrauen, die elendig an einem Asbestmesotheliom zugrundegehen und ohne berufsgenossenschaftliche Entschädigung bleiben.
  6.  Stichtag: Fälle aus der Vorzeit der Listenerweiterung Nr. 4104 Asbestlungenkrebs bei Vorliegen von 25 AsbestfaserjahrenStatt die Fälle aus der Vorzeit einer Listenerweiterung als Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall, § 551 II RVO bzw. heute § 9 Abs. 2 SGB VII zu entschädigen, wendet die Sozialgerichtsbarkeit in Deutschland rechtswidrig einen Stichtag ein, der für die Erweiterung der Berufskrankheitenliste gilt, nicht aber für das formelle Gesetz zur Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall.Machtlos müssen die Asbestopfer miterleben, wie ihre begründeten Entschädigungsansprüche durch die Sozialgerichtsbarkeit und vorrangig durch das Bundessozialgericht vereitelt werden.
  7. Vorschlag, den Asbestlungenkrebs von dem Nachweis von Brückensymptomen in der Lunge und Pleura zu befreien und auch von dem Nachweis von 25 Asbestfaserjahren, weil der Asbest unabhängig von Brückensymptomen und sogenannten 25 Asbestfaserjahren Lungenkrebs verursacht, wie allgemein bekannt ist.Die Technischen Aufsichtsdienste der Berufsgenossenschaften rechnen in ihren arbeitstechnischen Parteigutachten die 25 Asbestfaserjahre runter gewissermaßen, obwohl der Betrachter weiß, daß auch 24 Asbestfaserjahre oder 12 Asbestfaserjahre sehr wohl kanzerogen sind in Ansehung des Asbestlungenkrebs, eben weil diese Werte eine Vervielfachung der Lungenkrebsrisiken bedeuten.
  8. Kürzungen:Die Rentenversicherung in Deutschland kürzt die angesparten Leistungen, Altersrente, Witwenrente um die Entschädigungsleistungen der Berufsgenossenschaft, obwohl der Versicherte erkrankt ist an einem schmerzhaften Mesotheliom und nicht etwa die Rentenversicherung.

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

Presseerklärung der Rechtsanwälte Battenstein & Battenstein zur
Brüsseler Asbestkonferenz vom 17. und 18. September 2012 EFBH

Presseerklärung

Das Fazit der Vergangenheit zeigt, daß der Satz unbeschränkt seine Gültigkeit hat:

„Was nicht entschädigt wird berufsgenossenschaftlich etwa in Deutschland, wird auch nicht verhütet“.

Dies gilt auch für die nachgehenden Untersuchungen, denken Sie an die Hausfrau, welche die asbestkontaminierte Arbeitskleidung ihres Mannes ausbürstete und später an einem Mesotheliom erkrankt, aber gleichwohl von den nachgehenden Untersuchungen ausgeschlossen ist.

Wenn die deutschen Berufsgenossenschaften nach dem Verbleib des Weißasbest fahnden im Körper der berufskrebserkrankten Versicherten, obwohl ein Fahrerfluchtphänomen entsteht, wie dies Prof. Woitowitz aus Deutschland ermittelt hat, dann erscheint dies als so aberwitzig, wie wenn die Berufsgenossenschaft beim Arbeiter, der 30 Jahre zuvor in der Kesselschmiede tätig war, den Lärm noch heute im Ohr sucht.

Unser Arbeitspapier, das wir gerne zur Verfügung stellen, geht um den Strengbeweis in Deutschland, um die gesetzliche Vermutung, um die Parteigutachten arbeitstechnischer und medizinischer Art, um das tödliche Hausfrauenmesotheliom, um den Stichtag, um den Verzicht auf Brückensymptome beim Asbestlungenkrebs, um die Kürzungen seitens der Rentenversicherung um die Leistungen der Berufsgenossenschaften.

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