Berufskrankheit Lärmschwerhörigkeit Nr. 2301 der Deutschen Liste aus dem Orchestergraben
Der Londoner Bratscher Jonathan Goldscheider gewann offenbar in I. Instanz den Prozess um ein Schalltrauma mit Hörverlust, welches in der Probe zu Wagners Walküre erlitten worden ist.
So berichtet es die Rheinische Post am 06.04.2018.
Ein deutscher Musiker bräuchte in einem solchen Fall nicht den Arbeitgeber bzw. das Opernhaus zu verklagen.
Zuständig wäre in einem solchen Fall in Deutschland vielmehr die deutsche Berufsgenossenschaft, die das Vorliegen einer beruflichen Lärmschwerhörigkeit, Berufskrankheit Nr. 2301 zu prüfen hätte und ob eine Entschädigung zu leisten ist.
Leistungen wären insbesondere die Verletztenrente, die unabhängig vom Verdienstausfall gewährt wird und die Übergangsleistungen für fünf Jahre ab Aufgabe der gefährdenden Tätigkeiten.
Ganz prosaisch wäre also der Orchestergraben im Opernhaus ein Lärmbetrieb, dessen Lärmquellen die Musiker während ihrer Arbeit gegenüber exponiert sind.
Im Sozialgerichtsprozess geht es dann auch nicht um eine Summe von 850.000 Euro Schadenersatz, sondern vielmehr darum, wie hoch abstrakt berechnet die MdE (Minderung der Erwerbsfähigkeit) ausfällt.
Eine gering- bis mittelgradige Lärmschwerhörigkeit beruflicher Art ergibt einen Rentensatz von 20 % MdE, was etwa dem gleichen Prozentsatz des Nettoeinkommens entspräche.
Ohrgeräusche können den Rentensatz erhöhen.
Dies giltt insbesondere dann, wenn diese beim Einschlafen stören.
Dass ein Morbus Menière während der Probe zu Wagner Walküre schicksalhaft ausgebrochen wäre, dieser Argumentation des Opernhauses mochte die Richterin in England nicht folgen.
Der Einwand des Opernhauses in England auf zufälligen Ausbruch der Krankheit in der Probe ist der Einwand der berühmten Gelegenheitsursache, die aber meistens nicht zu beweisen ist, weil es sich dabei um eine hypothetisch-reserveursächliche Einwendung handelt.
Der Beweis ist einfach nicht zu führen, dass zum selben Zeitpunkt auch ohne die Lärmbelastung der Schaden ausgebrochen wäre.
Allerdings müssen auch hier in Deutschland die Musiker um ihre Entschädigung im Sinne der beruflichen Lärmschwerhörigkeit kämpfen.
Von alleine oder von Amts wegen werden diese Leistungen leider nicht festgestellt.
Rolf Battenstein
Fachanwalt für Sozialrecht