Erweiterter Versicherungsschutz für Wegeunfälle

Erweiterter Versicherungsschutz für Wegeunfälle in der gesetzlichen Unfallversicherung, die sich auf einem Weg vom dritten Ort ereignen;

hier: Erfolgreiches Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X

Der 2. Senat des Bundessozialgerichts stellt in einem Urteil vom 30.01.2020 ausdrücklich klar:

„Dass es bei einem Unfall auf dem Weg von einem sog. dritten Ort weder auf einen mathematischen oder wertenden Angemessenheitsvergleich der Wegstrecken nach der Verkehrsanschauung noch im Rahmen einer Gesamtschau auf etwaige betriebsdienliche Motive für den Aufenthalt am dritten Ort, den erforderlichen Zeitaufwand zur Bewältigung der verschiedenen Wege und deren Beschaffenheit bzw. Zustand, das benutzte Verkehrsmittel oder das erhöhte verminderte bzw. annähernd gleichwertige Unfallrisiko ankommt.

Entgegen der Ansicht des LSG ist daher auch unerheblich, ob sich Weglänge und Fahrzeit noch im Rahmen der üblicherweise von Pendlern zurückgelegten Wegstrecke halten oder darüber hinausgehen.

Entscheidend ist nach Auffassung des 2. Senats des Bundessozialgerichts vielmehr, ob der Weg vom dritten Ort zur Arbeitsstätte wesentlich von der subjektiven Handlungstendenz geprägt ist, den Ort der Tätigkeit aufzusuchen und dies in den realen Gegebenheiten objektiv eine Stütze findet, d. h. objektivierbar ist.

Die gesetzliche Wegeunfallversicherung setzt in § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII lediglich voraus, dass der Weg in einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht und läßt bei den Hinwegen nach dem Ort der Tätigkeit den jeweiligen Ausgangspunkt des versicherten unmittelbaren Weges ausdrücklich offen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass für Wege, die ihren Ausgangs- bzw. Endpunkt im häuslichen Bereich des Versicherten haben, unfallversicherungsrechtlich keine Entfernungsgrenze gilt. Unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten lässt sich jedoch nicht rechtfertigen, dass Personen, die im selben Haus übernachtet haben und am nächsten Morgen den selben Arbeitsweg haben, nur dann versichert sind wenn sie dort als Bewohner ihren idealerweise melderechtlich dokumentierten Lebensmittelpunkt haben und nicht lediglich Besucher waren.

Zu begrüßen ist bei der Entscheidung des Bundessozialgerichts wie zitiert, dass die Rechtssprechung zur gesetzlichen Unfallversicherung wieder an den Gesetzeswortlaut anknüpft und nicht auf eine Kasuistik hinausläuft.

Viele abgelehnte Wegeunfälle erscheinen nunmehr in einem anderen Licht.

Den Betroffenen kann nur geraten werden, Überprüfung nach § 44 SGB X zu beantragen bei der Berufsgenossenschaft und Antrag auf rechtsbehelfsfähigen Bescheid zu stellen.

Rolf Battenstein
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht