Vorsicht, wenn die Berufsgenossenschaft …

Vorsicht, wenn die Berufsgenossenschaft in ihren Formularen nur die Gefahrstelle 100 und 900 ausweist, also die Bau-Berufsgenossenschaft

Es können zusätzliche Gefahrtarifstellen in Betracht kommen, die mit einem geringeren Beitrag verbunden sind, also eine geringere Gefahrklasse aufweisen.

Möglicherweise ist ihre Veranlagung unvollständig deren Korrektur Sie begehren sollten und auch das Formular des Lohnnachweises.

Hier steht viel Geld auf dem Spiel.

Es hat nicht den Anschein, daß nach dem neuen Gefahrtarif ab 01.01.2006 verfahren wird, nachdem jeder einzelne Arbeitnehmer nach seinem überwiegenden Tätigkeitsfeld beitragsmäßig zu berücksichtigen ist, II Nr. 5 Abs. 2 Gefahrtarif der Bau-Berufsgenossenschaft.

Die Tarifstelle 100 betrifft das Errichten von Bauwerken des Hoch- und Tiefbaues und weist die hohe Gefahrklasse 16,1 aus.

Ist allerdings ein Arbeitnehmer des Mitgliedsunternehmens der Berufsgenossenschaft überwiegend im Bauausbau tätig, ist die Gefahrklasse 7,3 bzw. Gefahrtarifstelle 200 zugrunde zu legen.

Die Nr. 900 des Gefahrtarifs bzw. der Gefahrtarifstellen bezeichnet den Büroteil des Unternehmens, Gefahrklasse 1,0.

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Weg, der kurzfristig unterbrochen wird

Wegeunfall auf einem Weg, der kurzfristig unterbrochen wird, um Tempotaschentücher, Cola, Zigaretten zu kaufen

Als sich der Versicherte wieder auf dem unmittelbaren Wege befand, auf der Straße, neben dem Auto, wurde er von einem anderen Pkw angefahren, als er nach den Autoschlüsseln suchte.

Die Berufsgenossenschaft behauptet, dies gehörte zur Unterbrechung.

Der Versicherte ist der Auffassung, daß hier keine wesentliche Unterbrechung des Weges vorliege und überdies der unmittelbare Weg wieder erreicht war und die Fortsetzung des Weges stattfand.

Wie heute die Wegeunfallvorschriften ausgelegt werden, von Berufsgenossenschaft, aber auch von der Sozialgerichtsbarkeit, einschl. des Bundessozialgerichts, ist in keiner Weise in Einklang zu bringen mit der zwingenden Auslegungsvorschrift des § 2 Abs. 2 SGB 1.

Danach ist bei Auslegung der Vorschrift des Sozialgesetzbuches VII etwa also der Vorschriften der gesetzlichen Unfall- und Berufskrankheitenversicherung sicher zu stellen, daß die sozialen Rechte der Anspruchsteller möglichst weitgehend verwirklicht werden.

Neuerdings werden Unterbrechungstatbestände und Lösungstatbestände gradezu konstruiert, um die Anwendung des Gesetzes zu vermeiden.

Für die Betroffenen geht es um viel.

Im vorliegenden Fall geht es z.B. um die Entschädigung von 1993 bis 2009 etwa bzw. laufend, weil der Fall zwar damals gemeldet worden ist, aber bescheidmäßig erst in 2009 abgeschlossen wurde.

Aber auch in Todesfällen werden offenkundige Ansprüche der Versicherten oftmals verneint, eben weil die Sozialgerichtsbarkeit die kritische Distanz zu den Berufsgenossenschaftsentscheidungen nicht findet.

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Unfall bei „Wetten, daß ….?“ in Düsseldorf am 04.12.2010

hier: Fragen des Versicherungsschutzes für Artisten

Zum Sachverhalt:

„Ein 23-jähriger Wettkandidat wollte mit Sprungfedern an den Füßen über frontal auf ihn zufahrende Autos unterschiedlicher Größe jeweils springen.

Beim vierten Wagen mißglückte der Salto, mit der Folge einer schrecklichen Sturzverletzung bzw. eines schrecklichen Sturzes.

Bei der Frage nach dem Unfallversicherungsschutz findet sich im Sozialgesetzbuch VII zunächst nichts.

§ 539 Abs. 1 Nr. 3 der damals gültigen Reichsversicherungsordnung sah dagegen eine Pflichtversicherung vor für „Personen, die zur Schaustellung oder Vorführung künstlerischer oder artistischer Leistungen vertraglich verpflichtet sind“.

Diese Regelung des § 539 Abs. 1 Nr. 3 RVO galt bis zum 31.12.1996.

Die Aufrechterhaltung einer Versicherungspflicht kraft Gesetzes für diese Personen wurde vom Gesetzgeber für nicht mehr erforderlich gehalten, da die betreffenden Personen als Unternehmer kraft Satzung nach § 3 oder freiwillig nach § 6 Versicherungsschutz erlangen können.

Man kann nur beten im konkreten Fall, daß dieser Versicherungsschutz erreicht ist.

Statt nun aber den Arbeitsunfallversicherungsschutz immer weiter abzubauen durch Gesetzgeber und die Entschädigungspraxis der Berufsgenossenschaft, hätte es eben dem Gesetzgeber und den Berufsgenossenschaften wohl angestanden, das Schutzbedürfnis dieses Personenkreises durch entsprechende Pflichtversicherung aufrechtzuerhalten.

Bei einigermaßen gutem Willen des Unfallversicherungsträgers könnte allerdings folgende Regelung des § 2 Abs. 2 SGB VII gelten:

„Ferner sind Personen versichert, die wie nach Abs. 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden.“

Dabei handelt es sich um eine Auffangklausel für ansonsten nicht versicherte Personen.

Leistungen der Berufsgenossenschaft etwa sind die Gewährung eines Verletztengeldes für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit, etwa gleichbedeutend dem Krankengeld, eine Verletztenrente bei verbliebenem Dauerschaden, die bis zu 100 % bzw. bis zur Vollrente reichen kann = 2/3 des Bruttojahresarbeitsverdienstes bzw. der Versicherungssumme respektive des Mindestjahresverdienstes.

Außerdem sind Leistungen der Berufshilfe bzw. zur Teilhabe am Arbeitsleben etwa angezeigt, wie Wohnungshilfe und andere Erleichterungen.

Im Fall des verletzten Artisten kann man nur wünschen, daß dieser wieder auf die Beine kommt und erfolgreich die Rehabilitation durchläuft.

Daß Unglücke passieren können, ist das Eine.

Daß aber derartige Unfälle nicht versichert sein sollen, erscheint als nicht hinnehmbar.

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Berufskrankheitslast von Mitgliedsunternehmen der Berufsgenossenschaft

Berufskrankheitslast von Mitgliedsunternehmen der Berufsgenossenschaft in den Asbesterkrankungsfällen

Ein deutsches Asbestisolierunternehmen brachte es in den vergangenen Jahrzehnten bei einer Durchschnittsbelegschaft von 50 Mitarbeitern auf mehrere Hundert berufsgenossenschaftlich anerkannter Todesfälle.

Dabei handelte es sich um Asbestosen, die zum Tode führten, Asbestlungenkrebsfälle, Asbestkehlkopfkrebsfälle, Pleuramesotheliome etwa.

Nicht gerechnet sind bei dieser Zahl die angehörigen Ehefrauen der Asbestwerker und etwa der Sohn, der als Kind seinen Vater am Arbeitsplatz in der Asbestfirma besuchte.

Die Hausfrauen hatten die Arbeitskleidung ihres Mannes zu Hause vom Asbeststaub befreit und erkrankten Jahrzehnte später an einem Pleuramesotheliom.

Die Asbestkrebsfälle der Familienangehörigen aus diesem Unternehmen herrührend werden vom Bundessozialgericht und vorausgehend von der Berufsgenossenschaft als Privatsache der Familienangehörigen angesehen, obwohl die Ehefrauen sehr wohl „wie ein Versicherter“ gemäß § 539 Abs. 2 RVO bzw. gemäß § 2 Abs. 2 SGB VII tätig und gefährdet worden sind.

Hätte allerdings der Technische Aufsichtsdienst bzw. die Prävention der Berufsgenossenschaft funktioniert, wären diese Fälle erst gar nicht entstanden.

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Zählung der Asbestkrebsfälle durch Bild online

Im Juli 2010 zählt Bild online 996 Fälle des Mesothelioms durch Asbest pro Jahr.

Dabei handelt es sich um bösartige Tumore im Rippen- oder Bauchfell bzw. etwa im Herzbeutelbereich.

Das Pleuramesotheliom ist grundsätzlich eine sehr seltene Erkrankung, weshalb die höhere Fallzahl für die Berufskrankheit Nr. 4105, Mesotheliom, überrascht, und zwar im Vergleich zum Lungen- oder Kehlkopfkrebs durch Asbest, wo insgesamt 765 pro Jahr von Bild online gezählt werden.

Zur niedrigeren Zahl 765 Fälle pro Jahr von Lungen- und Kehlkopfkrebs durch Asbest führt Bild online aus:

„Aufgrund dieser hohen Latenzzeit wird der Höhepunkt an asbestbedingten Lungenkrebsneuerkrankungen zwischen den Jahren 2015 und 2020 erwartet.

Aufgrund ihrer Monopolstellung haben die Berufsgenossenschaften aber den Höhepunkt an asbestbedingten Lungenkrebsneuerkrankungen bereits in den 90er Jahren eingefroren, in dem man einem berufsgenossenschaftlichen Gutachtermonopol nahezu alle einschlägigen Fälle zuführt.

Dieses Mesotheliom-Register wird auch in Lungenkrebsfällen gehört.

Normalerweise wäre zu erwarten, daß das Verhältnis Mesotheliom zu Lungen-, Kehlkopfkrebs durch Asbest 1 : 10 beträgt.

Auf die seltene Mesotheliom-Erkrankung kommen also die häufigeren Lungenkrebsfälle durch Asbest im Verhältnis 1 : 10, diesseitiger Auffassung nach.

Daß die Berufsgenossenschaften die Fallzahlen an Asbestlungenkrebs gewissermaßen eingefroren haben seit den 90er Jahren, irritiert auch die deutsche Arbeitsmedizin.

Wenn Bild online recht hat mit der Annahme, der Höhepunkt an asbestbedingten Lungenkrebsneuerkrankungen werde zwischen den Jahren 2015 und 2020 erwartet, dann kann die hier nicht hinreichende berufsgenossenschaftliche Entschädigungspraxis nicht mit der Entwicklung Schritt gehalten haben.

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Kein Ausfall der Lebzeitenleistungen

Kein Ausfall der Lebzeitenleistungen bei posthumer Anmeldung des Pleuramesothelioms, Berufskrankheit-Nr. 4105, wenn der verspätet anzeigende Arzt bereits früher, d.h. zu Lebzeiten des Versicherten den Verdacht auf eine Berufskrankheit hatte

Wir nehmen Bezug an dieser Stelle auf den Pressevorbericht des Bundessozialgerichts zum Aktenzeichen – B 2 U 3/09 R – wieder, L. ./. Holz-BG.

Das angesprochene Grundsatzurteil, 8. Senat BSG vom 08.10.1998 – B 8 KN 1/97 UR – erging in einem Fall, den unsere Kanzlei vertreten hat, wo also die verspätete Meldung des Pleuramesothelioms keinen Leistungsausschluß nach sich zog, was die Lebzeitenleistungen anbetraf.

Knapp 12 Jahre später vertraten wir dann den Fall – B 2 U 3/09 R -, in welchem die Besonderheit auffiel, daß der ärztliche Leiter des Mesotheliom-Registers der Berufsgenossenschaften noch in keinem Fall selbst eine ärztliche Anzeige einer Berufskrankheit im Falle der Berufskrankheit-Nr. 4105 erstattet hat, obwohl der Verdacht auf eine Berufskrankheit-Nr. 4105 in jedem Fall eines Mesothelioms gegeben ist und der leitende Arzt des berufsgenossenschaftlichen Mesotheliom-Registers den Mesotheliomen quasi am nächsten steht.

Diese Besonderheit erstaunte auch das höchste Gericht, d.h. das Bundessozialgericht.

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Zweierlei Maß

Zweierlei Maß bei Behandlung des anwaltlichen Verlegungsantrages wegen Urlaubsabwesenheit

Im September 2009 hatten die Anwälte durch den Erwerb von Flugtickets einen Urlaub für die zweite Hälfte April 2010 insbesondere gebucht.

Am 04.03.2010 erreichen uns zwei Ladungen des Sozialgerichts Düsseldorf – S 29 SB 93/08 – die eine Ladung für den 26.04.2010.

Den umgehend gestellten Verlegungsantrag unter Hinweis auf den Urlaub der Anwälte weist das Sozialgericht Düsseldorf schließlich zurück.

Im übrigen macht das Gericht ausdrücklich darauf aufmerksam, daß das persönliche Erscheinen des Klägers zum jeweiligen Termin angeordnet ist.

Dies provoziert schon einigermaßen.

Denn nunmehr wird der jeweilige Kläger gezwungen, ohne den Anwalt seiner Wahl, vor Gericht erscheinen zu müssen.

Dem Gericht wird daraufhin mitgeteilt:

„Auf BSG – B 13 R 303/07 B – wird ausdrücklich hingewiesen, auf welche Vorschrift die Anwälte der Landessozialgerichtspräsident ausdrücklich aufmerksam gemacht hat, was die Tatsache kurzfristiger Ladungen anbetrifft“.

Das Bundessozialgericht sagt auf Seite 4 des ausgedruckten Urteils folgendes:

„Einem Verfahrensbeteiligten wird rechtliches Gehör aber auch versagt, wenn das Gericht mündlich verhandelt und in der Sache entscheidet, obwohl er gemäß § 202 SGG in Verbindung mit § 227 Abs. 1 ZPO einen Antrag auf Terminsverlegung gestellt und dafür erhebliche Gründe geltend gemacht hat. Das Gericht ist in einem solchen Fall verpflichtet, den anberaumten Verhandlungstermin zu verlegen.“

In einer der beiden zitierten Sachen war zuvor ein Termin aufgehoben worden, weil der Vorsitzende Richter erkrankt war.

Hier wurde gerichtlich kein Vertretungszwang geltend gemacht, etwa durch einen anderen Richter, obwohl das Sozialgericht Düsseldorf über eine ganze Anzahl Richter verfügt.

Jedenfalls konnte der Anwalt sogar damit rechnen, und zwar bei Urlaubsantritt, daß in die Zeit seines Urlaubs hinein geladen wird von den Gerichten, ohne, daß die Notwendigkeit gesehen wird, etwa eine Verlegung vorzunehmen, wenn der Anwalt den erheblichen Grund des Urlaubs einwendet.

So muß man dann schließlich als Anwalt vom Urlaubsort aus sich während der Urlaubszeit mit dem Gericht wegen der Terminsverlegung auseinandersetzen.

Die Grenze des zumutbaren wird deutlich überschritten.

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Ausschluß der Verletztenrente im Fall der Berufskrankheit Nr. 4105

Ausschluß der Verletztenrente im Fall der Berufskrankheit Nr. 4105 (asbestbedingtes Pleuramesotheliom);

hier: Schmerzensgeldanteil in der Verletztenrente

Eine beliebte Übung ist es in den berufsgenossenschaftlichen Entschädigungsfällen, die Verletztenrente mit der Begründung zu verweigern, der Berufskrebserkrankte sei bereits vor Auftreten dieses Versicherungsfalles völlig erwerbsunfähig gewesen.

Diese Begründung erscheint nur vordergründig als plausibel, bedenkt man, daß nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung in der berufsgenossenschaftlichen Verletztenrente ein Schmerzensgeldanteil enthalten ist.

Wo bleibt dieser Schmerzensgeldanteil, wenn die Verletztenvollrente im vorliegenden Fall vollends abgelehnt wird?

Die Antwort hierauf mochten weder das Bundessozialgericht geben, Zitat aus dem BSG-Beschluß zum Aktenzeichen – B 2 U 234/09 B:

„Das Gericht muß aber nicht ausdrücklich jedes Vorbringen der Beteiligten bescheiden.“

Noch wollte das Bundesverfassungsgericht der Angelegenheit nähertreten, Beschluß des Bundesverfassungsgerichts – 1 BvR 401/10.

Die Verfassungsrichter hielten das Anliegen der Witwe und Sonderrechtsnachfolgerin für nicht zulässig, geklärt sehen zu wollen, wo denn der verfassungsgerichtlich bestätigte Schmerzensgeldanteil in der Verletztenrente bei ihrem Mann dann verbleibt, wenn völlige Erwerbsunfähigkeit gegenüber dem Grundanspruch eingewandt wird.

Dabei ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts noch gar nicht weit entwickelt, eben weil nicht einmal in den Blick gerückt ist, daß der Schmerzensgeldanteil enthalten in einer Verletztenrente aus Anlaß einer Berufskrankheit Nr. 4105, Pleuramesotheliom, zu 100 % mit der Minderung der Erwerbsfähigkeit konkurriert.

Das Pleuramesotheliom ist die schmerzhafteste aller Berufskrebserkrankungen, welche bekannt sind.

Von daher überzeugt es nicht, wenn trotz Vortragen des Sachverhaltes das Bundesverfassungsgericht unanfechtbar entscheidet:

„Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie unzulässig ist.“

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Kürzung der Rentenversicherungsleistung in Form der Witwenrente

Kürzung der Rentenversicherungsleistung in Form der Witwenrente bei Zusammentreffen mit Leistungen der Berufsgenossenschaft wegen eines Pleuramesothelioms, BK Nr. 4105, obwohl der Versicherte zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls bzw. der Erkrankung bereits über 65 Lebensjahre alt war, vgl. dazu Urteil des BSG vom 29.11.1967

‑ 4 RJ 161/67

Das Begehren der Klägerin wurde zwar im Beschluß des Bundessozialgerichts – B 5 R 78/10 B – Seite 3 oben, durchaus deutlich, ohne daß allerdings das Bundessozialgericht eine grundsätzliche Bedeutung erkennen mochte in den Fragen der Kürzung der Witwenrente aus der Rentenversicherung um die Leistungen der Berufsgenossenschaft, welche für ein Pleuramesotheliom, Berufskrankheit Nr. 4105, fällig geworden sind.

Im Streit stand, daß die Deutsche Rentenversicherung die Lebzeitenleistungen, d.h. die Altersrente und die Hinterbliebenenleistungen um die Leistungen der Berufsgenossenschaft kürzte und Rückforderungen erhob.

Nicht zu übersehen war die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage wegen unzulässiger Rechtsausübung der Rentenversicherung hinsichtlich von der Rentenversicherung erwirkten Gesetzesänderungen.

Eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne der unzulässigen Rechtsausübung folgt diesseitiger Auffassung nach auch daraus, daß sich die Deutsche Rentenversicherung zuvor eine gesetzeswidrige Kürzungspraxis hatte angelegen sein lassen, ohne daß etwa das Gesetz in § 93 Abs. 5 SGB VI geändert gewesen wäre.

Eine grundsätzliche Bedeutung rührt auch daher, daß hier eine Günstigkeitsvorschrift zur Jahresarbeitsverdienstberechnung im Berufskrankheitenfalle in deren Gegenteil verwandelt wurde, und zwar rechts- und gesetzeswidrig von Anfang an.

Es erscheint überdies als unzulässig, und zwar in grundsätzlicher Bedeutung, eine in sich widersprüchliche Gesetzesvorschrift, wie § 93 Abs. 5 SGB VI in Ansehung der Einführung des letzten Tages der gefährdenden Tätigkeit anzuwenden.

Diese Probleme mochte sich das Bundessozialgericht gewissermaßen nicht anziehen.

Unzulässig war, daß sich die Rentenversicherung angeblich deklaratorisch das Gesetz hatte ändern lassen, um gewissermaßen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auszuweichen, bzw. diese zu unterlaufen.

Rechtssystematisch ist es deutlich verfehlt, die Leistungen der Rentenversicherung zu kürzen, die aufgrund der Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber erbracht werden.

Statt dessen könnte es sich dabei letztlich nur um eine Frage der Schadensberechnung der Berufsgenossenschaft handeln, wofür allerdings das Sozialgesetzbuch VII keine Handhabe bietet.

Insofern ist diesseitiger Auffassung nach der Anrechnungspraxis der Rentenversicherung entschieden zu widersprechen.

Allerdings macht sich die Rentenversicherung zunutze, daß die Probleme derart kompliziert werden, daß am Ende kein Sachbearbeiter mehr der Rentenversicherung und der Berufsgenossenschaft die Übersicht über die Entschädigungspraxis behält.

Das Übersehen der Grundsatzprobleme, welche das Bundessozialgericht beim besten Willen ebensowenig wie die Divergenz übersehen konnte, gibt zu Bedenken Anlaß im vorliegenden Fall.

Der Ehemann der Klägerin und Beschwerdeführerin B. B., geb. 16.01.1938, verst. 04.07.2007, befand sich bereits in einem Lebensalter von über 65 Jahren und im Ruhestand, als er an einer Berufskrankheit im Sinne des Pleuramesothelioms, Berufskrankheit Nr. 4105, mit Versicherungsfall vom 01.09.2003 erkrankte.

Insofern konnte der Rentenversicherung gar kein Schaden entstehen, welcher diese zur Kürzung sachlich berechtigen könnte.

Daß auch nach früherer Entschädigungspraxis die Witwenrente gewährt wurde anrechnungsfrei aus der Rentenversicherung, wenn der Versicherte über 65 Lebensjahre alt war, möchte das Bundessozialgericht offenbar nicht gelten lassen, weil es nunmehr heißt „Sozialgesetzbuch“ und nicht mehr Reichsversicherungsordnung, ohne aber daß die Vorschriften dieserhalb sich sachlich geändert hätten.

Insofern beansprucht das Urteil vom 29.11.1967 – BSG 4 RJ 161/67 – noch immer Gültigkeit.

„Die Witwenrente aus der Arbeiterrentenversicherung ruht trotz Zusammentreffens mit einer Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung jedenfalls dann nicht, wenn die Leistung aus der Unfallversicherung wegen eines Unfalls gewährt wird, der sich ereignete, nachdem der Versicherte das 65. Lebensjahr vollendet hatte.“

Arbeitsunfall und Berufskrankheit wurden seinerzeit gleichbehandelt.

Im Ergebnis kann es also so sein, daß die Witwe trotz der berufsgenossenschaftlichen Ansprüche, die überdies Schmerzensgeldanteile enthalten, deshalb in Not gerät, weil ihre Witwenrente aus der Rentenversicherung gewissermaßen zusammengestrichen wird.

Dies kann im Ernstfall darauf hinauslaufen, daß nur noch 1/20 der Witwenrente aus der Rentenversicherung gewährt wird oder nur noch 1/10 dessen.

Deutlichere Eigentumsverletzungen im Sinne der Verfassung sind kaum denkbar.

Gleichwohl gehen die Rechtsuchenden derzeit leer aus, welche sich gegen die Kürzungspraxis verwahren.

Anzuregen wäre, daß einmal im Rahmen einer Doktorarbeit die Probleme abgehandelt werden, die sich aus den gesetzlichen Vorschriften und deren sachwidrige Änderungen ergeben haben, bis hin zu der rechtssystematisch verfehlten Kürzungspraxis hinsichtlich der Rentenversicherungsleistungen.

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Feststellung einer Minimalasbestose im Lungenkrebsfall, Berufskrankheit Nr. 4104

Das Bundessozialgericht hat in einer Rechtssache – B 2 U 177/10 B – unter dem 13.09.2010 die Grundsätzlichkeit der Rechtsfragen nicht erkennen können, die ausdrücklich gestellt waren:

„Ob nicht 20 bis 30 Asbestkörper pro Kubikzentimeter Lungengewebe ausreichend sind für die Annahme einer sogenannten Minimalasbestose“

und

„ob die beim Deutschen Mesotheliomregister praktizierte Forderung von 1.000 Asbestkörpern pro Kubikzentimeter zum Nachweis einer Minimalasbestose zutreffend ist oder nicht“.

Es fragt sich, ob das Bundessozialgericht die Grundsätzlichkeit dieser Rechtsfragen übersehen durfte, obwohl im Oktober 2010 in Falkenstein die Berufsgenossenschaftliche Tagung anstand, zum Thema der Falkensteiner Empfehlungen für Asbestbegutachtungsfälle, wo gerade diese Fragen eminente Bedeutung aufwiesen.

Statt dessen verweist das Bundessozialgericht auf eine Entscheidung des Senats vom 06.04.1989 –  2 RU 55/88 -, wo folgendes zu lesen ist:

„Dabei ist es unter Berufung auf die von Prof. Dr. U./Prof. Dr. M. als gültig bezeichnete, herrschende medizinische Lehrmeinung davon ausgegangen, daß die Diagnose einer Minimalasbestose an den histologischen Nachweis von eiweißumhüllten Asbestkörperchen im Lungengewebe gebunden sei.“

Ergebnis der Falkensteiner Empfehlungen bzw. der Tagung in Falkenstein ist einerseits, daß keine Asbestkörperchen zu fordern sein dürften in Deutschland, weil in Deutschland vornehmlich Weißasbest verarbeitet wurde mit der Folge des sogenann-ten Fahrerfluchtphänomens, in dem Sinne, daß der Weißasbest später nicht mehr im Körper auffindbar ist.

Wenn das Bundessozialgericht ernstlich den Nachweis von Asbestkörperchen fordert, obwohl mehr als 90 % des in Deutschland verarbeiteten Asbestes Weißasbest war, dann wirft das höchste Gericht gewissermaßen die Forschungsergebnisse des führenden Arbeitsmediziners Prof. Dr. Woitowitz, c/o Justus-Liebig-Universität in Gießen, über Bord.

Ergebnis der Falkensteiner Tagung im Oktober 2010 war zunächst deutlich, daß eine Forderung von 1.000 Asbestkörpern pro Kubikzentimeter zum Nachweis einer Minimalasbestose nicht gestellt werden darf.

Darüber waren sich offenbar alle Teilnehmer einig, daß dieses Abschneidekriterium der Vergangenheit nicht weiter Platz greifen dürfe.

Ob Asbestkörperchen gefordert werden können bzw. deren Nachweis oder nicht, diese Frage wurde im Oktober 2010 in Falkenstein divergierend beantwortet und nicht geklärt.

Die berufsgenossenschaftliche Pathologin, Prof. Tannapfel, vom Mesotheliomregister, welches ein Gutachtenmonopol unterhält gewissermaßen in den Asbestfällen, würde lieber den Begriff Asbestose ersten Grades statt einer Minimalasbestose angewandt sehen, was allerdings offenbar zu einer Verstärkung der Anforderung führen dürfte, statt eine Minimalasbestose zu belassen, und zwar in dem Sinne, daß es sich wirklich nur um eine Minimalasbestose handeln muß.

Dabei wurde in Falkenstein nicht erkannt, daß einmal die Einwirkungskausalität der Einwirkung von Asbest und andererseits die Feststellung einer Lungenfibrose oder Pleurafibrose genügt, um dann anhand einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit den Zusammenhang zu prüfen.

Statt dessen wird in den Lungen histologisch und von den Pathologen weiter danach geforscht, ob Asbestspuren in der Fibrose feststellbar sind, als ob es das Fahrerfluchtphänomen des Weißasbests gar nicht gäbe, der zu mehr als 90 % in der Bundesrepu-blik Deutschland verarbeitet wurde.

Allen Ernstes wird die idiopathische Lungenfibrose, d.h. eine Fibrose unbekannter Ur-sache, zum eigenen Krankheitsbild erklärt, als ob es sich nicht dabei nur darum han-delte, daß man nicht weiß, wie man diese Fibrose zuordnen soll.

War der Versicherte als Elektriker oder Dachdecker oder Isolierer jahrzehntelang as-bestexponiert, fällt die Zuordnung der Lungenfibrose bzw. Pleurafibrose zur Asbestbelastung deshalb nicht schwer, weil hier bereits wesentliche Mitursächlichkeit des Zu-sammenhangs genügt.

Dabei genügt dann die Plausibilität und die hinreichende Wahrscheinlichkeit, statt der Forderung von etwa Prof. Tannapfel, eine Lungenfibrose asbestbedingter Art müßte im Strengbeweis nachgewiesen sein.

Die beiden Eckpfeiler des Kausalzusammenhangs, Asbesteinwirkung und Fibrose verknüpfen sich in der Frage nach der hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs und nicht mehr.

Die überzogenen Forderungen der Pathologen an den Nachweis einer Asbestose im Fall von Nr. 4104, Kehlkopfkrebs oder Lungenkrebs in Verbindung mit einer Asbestbelastung, kann mit folgendem Beispiel vielleicht ad absurdum geführt werden, daß man nun dann auch bei der Lärmschwerhörigkeit nach Jahrzehnten einer Lärmbelastung gutachterlich nach dem Lärm im Ohr bei der Untersuchung forscht.

Das müssen sich die Rechtsuchenden im Fall einer Asbestlungenkrebsfalls oder Asbestkehlkopfkrebsfalls nun weiter bieten lassen, weil das Überziehen der Anforderungen an den Nachweis einer Minimalasbestose stark zunimmt in der Praxis.

Nunmehr will die Pathologin Prof. Tannapfel vom Berufsgenossenschaftlichen Mesotheliomregister die Validität der Forderungsergebnisse von Prof. Woitowitz, c/o Justus-Liebig-Universität Gießen, prüfen, als ob die Forschungsergebnisse von Prof. Woitowitz nicht längst Standard sind in der Medizin unter den Asbestexperten.

Das Bundessozialgericht hätte gut daran getan, einen Monat weiter zu sehen, um die Grundsätzlichkeit der gestellten Fragen zu erkennen, deren Grundsätzlichkeit angeblich nicht dargetan wäre bzw. nicht erkennbar wäre.

Das Falkensteiner Ergebnis in den Falkensteiner Empfehlungen ist dahin zu korrigieren, daß an keiner Stelle der Nachweis von Asbestkörpern bei einer Minimalasbestose gefordert werden darf.

Eine Anmerkung am Rande sei erlaubt.

Der Richter, der auf der Falkensteiner Tagung referierte zu der Neutralität der Feststellungen, welche die DGUV, ein privatrechtlicher Verein, federführend bearbeitet, übersah deutlich, daß gegenüber dem Hauptverband der Gewerblichen Berufsgenossenschaft bzw. gegenüber dem Spitzenverband der Gesetzlichen Unfallversicherung DGUV Ablehnungsanträge schon deshalb nicht denkbar sind, weil es sich um einen privatrechtlichen Verein handelt, und nicht um eine Behörde im Sinne des  Sozialgesetzbuch X.

Allerdings wurde auch die Fragwürdigkeit eines berufsgenossenschaftlichen Gutachtenmonopols angesprochen auf der Tagung, von einem Teilnehmer, die nicht zu übersehen ist, auch nicht von der Sozialgerichtsbarkeit.

Daran entscheiden sich die Fälle, die im Einzelfall etwa mit 350.000 Euro kapitalisiert zu veranschlagen sind, was die Schadenssumme anbetrifft, etwa in Form der berufsgenossenschaftlichen Leistungen, wenn anerkannt wird.

Feststellbar ist gegenwärtig, daß die Pathologen an Einfluß zunehmen, während die Forschungsergebnisse der Arbeitsmedizin gegenüber den Berufsgenossenschaften immer weniger ernst genommen zu werden scheinen.

Es hätte der Tagung gut angestanden, wenn Prof. Woitowitz, der führende Arbeitsmediziner, diese geleitet hätte, statt, daß die Forschungsergebnisse in das Publikum verbannt wurden, wo dieser Sachverständige zugegen war.

Fazit: Selbst die grundsätzlichsten Fragen interessieren die Sozialgerichtsbarkeit wenig.

Symptomatisch dafür ist ein Fall, den der Verfasser inzwischen dreimal vorgestellt hat, auf dem Arbeitsschutzkongreß in Düsseldorf, auf der vorletzten Falkensteiner Tagung und auf der diesjährigen Falkensteiner Tagung, nämlich der Fall, daß ein Chemiewerker Asbest in den Kneter einfüllte, ungeschützt aus Säcken, wofür die Berufsgenossenschaft 10 Fasern pro Kubikzentimeter ansetzt, statt 500 Fasern pro Kubikzentimeter.

Dies ging dann verfahrensmäßig so, daß durch einen Querverweis der Kunststoffwerker, der Asbest einfüllt, an die Stelle verwiesen wird, wo ein Arbeitnehmer mit leeren Asbestsäcken hantiert.

Dieser Fall beschäftigte das Sozialgericht Gießen und zeigte die Tendenz, berufsgenossenschaftliche Erkenntnisse, mögen diese noch so falsch sein, mit den Mitteln des Gerichts durchzusetzen, also im konkreten Fall unbegründet Verschuldenskosten der Hinterbliebenenseite aufzuerlegen, weil diese es wagte, es auf ein Urteil des Sozialgerichts Gießen ankommen zu lassen.

Die falsche Zählung, die extrem falsch ist im gebildeten Beispiel, zeugt von der Rich-tigkeit der Forderung von Prof. Woitowitz, c/o Justus-Liebig-Universität Gießen, die Einholung von unabhängigen arbeitstechnischen Sachverständigengutachten im Berufskrebsfall für unverzichtbar zu erklären, wovon wir in der Gegenwart weit entfernt sind, weil die Gerichte das Parteivorbringen der beklagten Berufsgenossenschaften als Gutachten ihren Entscheidungen zugrunde legen und mit der Androhung von Verschuldenskosten gegenüber den Rechtsuchenden diese von einer Kritik daran und einer Fortsetzung des Verfahrens abhalten.

Daß es die Crux der arbeitsmedizinischen und lungenfachärztlichen Gutachten im Asbestkrebsfall ist, wenn die berufsgenossenschaftlichen Expertisen von deren eigenen Beamten zugrunde gelegt werden, wurde immerhin auf der Falkensteiner Tagung deutlich, ohne, daß dieses Problem etwa gelöst worden wäre.

Fast alle Fragen harren in diesem Zusammenhang der Lösung.

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