Wegeunfall auf dem Weg zur Arbeit

Auslieferungsfahrer verunglückt auf dem Weg von der Wohnung seiner damaligen Freundin und Lebensgefährtin in Mönchengladbach zu seiner Arbeitsstätte
der Firma FS. in Dormagen als er gegen 7.25 Uhr auf der Autobahn A 46 Fahrtrichtung Neuss mit seinem Pkw auf einen Lkw auffuhr

Das Gesetz stellt in § 8 Abs. 2 Sozialgesetzbuch VII den Wegeunfall wie folgt unter Versicherungsschutz:

„Versicherte Tätigkeiten sind auch das Zurücklegen der mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wege nach und von dem Ort der Tätigkeit.“

Moderner kann das Gesetz nicht gefasst sein, weil hier schlicht die entscheidenden Merkmale den Ausschlag geben.

Der Versicherte aus unserem Fall, d.h. der Auslieferungsfahrer war also beim Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach dem Ort der Tätigkeit verunglückt.

Insofern stünde dem Versicherungsschutz nichts im Wege.

Tatsächlich aber wird nachgerade anheimelnd von der Rechtsprechung der Wegeunfall dahingehend verkürzt, es handele sich dabei um einen Weg von der Wohnung, d.h. von zu Hause, zur Arbeit.

Der sogenannte Weg vom dritten Ort steht also bereits von daher schon unter einem Unstern gewissermaßen.

Wege, die nicht vom Zuhause aus zur Arbeit angetreten werden, werden also grundsätzlich abgelehnt.

Dies verstößt nun deutlich gegen § 2 Abs. 2 SGB I, wonach bei Auslegung der sozialrechtlichen Vorschriften sicherzustellen ist, dass die sozialen Rechte der Betroffenen möglichst weitgehend verwirklicht werden.

Dem Auslieferungsfahrer, der schwer auf der Autobahn verunglückte, wird also weiterhin der Versicherungsschutz entzogen, der nach der Gesetzeslage nicht zu übersehen ist.

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Zulassung der Revision

Zulassung der Revision wegen Divergenz des Berufungsurteils – L 15 U 34/09 – zu einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 25.11.1955 – 2 R U 93/54 =BSGE 2,78

Vorliegend ging es um einen tödlichen Wegeunfall eines Geschäftsreisenden auf einer Familienheimfahrt, welcher überdies einem Unfall-Pkw mit Fahrerin im Dunkeln ausgewichen war und dabei die Gewalt über das eigene Fahrzeug verloren hatte.

Der Leitsatz der damaligen BSG-Entscheidung lautet:

„Der Versicherungsschutz für Wege von und nach der Wohnung, die ständig, d.h. für längere Zeit den Mittelpunkt der Lebensverhältnisse des Versicherten bildet („Familienwohnung“), ist auch gegeben, wenn die ursprünglich am Ort der Arbeitsstätte vorhandene Familienwohnung später nach auswärts verlegt worden ist.“

Nachdem das Berufungsgericht eine Familienheimfahrt nicht gelten lassen wollte, war hier eine Divergenz zur früheren BSG-Rechtsprechung zu rügen.

Denn im vorliegenden Fall war die Ehefrau nach Aachen gezogen, was folglich nunmehr den neuen Lebensmittelpunkt darstellen mußte.

Zur Frage der Divergenz, die offenkundig vorliegt, verhält sich das Bundessozialgericht in einem neuen Beschluß – B 2 U 219/10 B – vom 09.11.2010 wie folgt:

„Soweit die Klägerin eine Divergenz geltend macht, genügt es nicht, darauf hinzuweisen, daß das Landessozialgericht seiner Entscheidung nicht die
höchstricherliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz.“

Demgegenüber lautet der Gesetzeswortlaut, der durch die Rechtsprechung des BSG entscheidend verkürzt wird, wie folgt:

„Die Revision sei zuzulassen, wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht.“

Wo dann der Schutz der Familie in der gesetzlichen Unfallversicherung bleibt, wenn nicht mehr Lebensmittelpunkt die Wohnung der Ehefrau ist, hat die Sozialgerichtsbarkeit im Weiteren nicht geklärt.

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