Ansprüche der Bergleute auf Verletztenrente bei Staublunge

Ansprüche der Bergleute auf Verletztenrente bei Staublunge, Ansprüche der Witwen und Waisen auf Hinterbliebenenleistungen

Die feierliche Beerdigung des Steinkohlenbergbaus in den Medien anknüpfend an die Zechenstilllegung Prosper-Haniel ist die eine Seite der Medaille gewissermaßen.

Als dringender erscheint allerdings die Frage, ob nun die anfallenden Berufskrankheiten angemessen entschädigt werden bzw. überhaupt entschädigt werden.

Vor Probleme gestellt ist in diesen Fällen der erkrankte Bergmann selbst oder dessen Hinterbliebenen im Todesfall des Bergmannes.

Es geht um die Silikose, die Silikotuberkulose, die Berufskrankheiten Nr. 4101/4102, um die Bergarbeiteremphyseme gemäß Berufskrankheiten Nr. 4111, um die Berufskrankheit Lungenkrebs bei Sillikose, Nr. 4112, die Atemwegsobstruktion gemäß Berufskrankheiten Nr. 4301/4302 usw.

Es ist nachlesbar, dass in den vergangenen Jahrzehnten in der Blütezeit des Steinkohlenbergbaus jährlich etwa 2000 Todesfälle der Bergleute anfielen.

Was sich daran anschloss, war der Rechtsstreit der Hinterbliebenen, insbesondere der Witwe um die Witwenrente etwa.

Wie es zur gesetzlichen Vermutung kam, dass der Tod Berufskrankheitsfolge ist, wenn eine Silikose von 50 % MdE oder mehr vorliegt, sei aus dem Kommentar Lauterbach Unfallversicherung zitiert, S. 522, 3. Auflage.

„Die in Abs. 1 aufgezählten Leistungen dürfen nur gewährt werden, wenn der Tod durch den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit verursacht worden ist. Bei Berufskrankheiten, insbesondere bei Staublungenerkrankungen, ist das häufig nicht ohne Obduktion festzustellen. Die große Zahl der von den Versicherungsträgern veranlassten Obduktionen, insbesondere aber eine Anzahl von Exhumierungen zu diesem Zweck haben den Unwillen der Öffentlichkeit erregt. Natürlich können die Angehörigen solche Untersuchungen verweigern. Aus dieser Weigerung werden aber im Regelfall ungünstige Schlüsse gezogen. Die Betroffenen geraten dadurch in die Zwangslage z.B. einer Exhumierung auch dann zuzustimmen, wenn sie ihr sittliches Empfinden verletzt. Diese Zwangslage soll ihnen erspart bleiben“.

Leider versuchen es die Berufsgenossenschaften nicht eben selten mit dem Offenkundigkeitsbeweis, dass also der Tod mit der Berufskrankheit nicht in ursächlichem Zusammenhang stünde.

Die Witwe, die ihren Mann bis zu dessen Tod gepflegt hat, weiß es besser.

Dabei braucht die Lebenszeit nur um ein Jahr verkürzt zu sein, um die Hinterbliebenenleistungen zugunsten der Witwen und der Waisen auszulösen.

Beim Berufskrankheitentod des Bergmannes durch Silikose schuldet die Berufsgenossenschaft an Witwenrente 40 % des Bruttojahresarbeitsverdienstes und an Waisenrente bei zwei minderjährigen Kindern jeweils 20 % des Bruttojahresarbeitsverdienstes.

Der Bergmann selbst hat im Endstadium einer einschlägigen Berufskrankheit wie der Silikose gegebenenfalls Ansprüche auf die Vollrente gleich 2/3 des Bruttojahresarbeitsverdienstes.

Außerdem ist das Pflegegeld zu erwähnen, das dem Bergmann zusteht.

Rechtsanwalt Rolf Battenstein
Fachanwalt für Sozialrecht

WeiterlesenAnsprüche der Bergleute auf Verletztenrente bei Staublunge

Beratungsärztliche Stellungnahme zum Einwand der sog. „völligen Erwerbsunfähigkeit“

Beratungsärztliche Stellungnahme zum Einwand der sog. „völligen Erwerbsunfähigkeit“ in einem besonders schweren Fall der Berufskrankheit Nr. 4111 (Bergarbeiteremphysem)

Die Erkrankte kehrte ab vom untertätigen Bergbau 1958 bei Nachweis von 131,4 Staubjahren.

Die medizinische Folge geht dahin, daß schwergradige obstruktive Ventilationsstörungen vorliegen und eine schwergradige Lungenüberblähung bei Nachweis einer MdE (Minderung der Erwerbsfähigkeit) von 100 % seit dem 12.02.2015.

Statt nun aber in die Gewährung einer Verletztenrente aus Anlaß dieser Berufskrankheit Nr. 4111, anerkannt, einzutreten, erteilt die Berufsgenossenschaft der Erkrankten einen Bescheid dahin, ein Anspruch auf Rente wegen der Berufskrankheit bestehe nicht, weil sie, d.h. die Erkrankte, zur Zeit des Versicherungsfalls wegen anderer Leiden bereits völlig erwerbsunfähig gewesen sei, d.h. nicht mehr in der Lage gewesen sei, mit ihrer Arbeitskraft noch einen lebenswerten Verdienst auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erlangen.

Durch die Berufskrankheit könne daher ihre Erwerbsfähigkeit nicht weiter herabgesetzt werden.

Wohlgemerkt, es geht hier um die Ablehnung der Verletztenvollrente aus Anlaß der anerkannten Berufskrankheit Nr. 4111, wobei die MdE von 100 % vom Beratungsarzt festgesetzt wurde.

Aus einem früheren Versicherungsfall nach dem Fremdrentengesetz, einem Arbeitsunfall vom 23.12.1953, bezieht die Versicherte eine Verletztenrente nach einer MdE von 60 %, wobei Arbeitsunfallfolge eine posttraumatische Epilepsie ist.

Nach § 56 Abs. 2 SGB VII richtet sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens.

Da die Minderung der Erwerbsfähigkeit bei der Verletztenrente der Berufsgenossenschaft abstrakt berechnet wird und nicht konkret, etwa in Form des Verdienstausfalles konkreter Art, erscheint der Einwand der völligen Erwerbsunfähigkeit als gewissermaßen vorgeschoben.

Tatsächlich geht es um die körperlichen Beeinträchtigungen und Funktionsbehinderungen bei der Minderung der Erwerbsfähigkeit.

Daß in der Verletztenrente der Berufsgenossenschaft bzw. in der MdE ein Schmerzensgeldanteil enthalten ist, wird bei dem Einwand der völligen Erwerbsunfähigkeit vernachlässigt.

Also nicht nur die Verletztenrente entfällt im Ganzen, sondern auch der darin enthaltene Schmerzensgeldanteil fällt ersatzlos fort.

Daß ausgerechnet die schlimmsten Fälle der Erwerbsunfähigkeit, wie hier in dem Fall einer Berufskrankheit 4111 mit einer MdE von 100 %, entschädigungslos bleiben sollen, kann nicht hingenommen werden.

Das Gesetz, also die Vorschrift des § 56 Abs. 2 SGB VII enthält einen solchen Einwand der völligen Erwerbsunfähigkeit überdies nicht.

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

WeiterlesenBeratungsärztliche Stellungnahme zum Einwand der sog. „völligen Erwerbsunfähigkeit“

Lungenkrebs als Folge der Berufskrankheit Nr. 4111

Lungenkrebs als Folge der Berufskrankheit Nr. 4111 (Bergarbeiteremphysem), wenn diese Berufskrankheit Nr. 4111 zu 50% MdE berentet wird zu Lebzeiten.

Ausweislich des Merkblattes des BMA (Bundesarbeitsministerium) zur Berufskrankheit Nr. 4111 besteht eine Dosiswirkungsbeziehung zwischen eingeatmeter Staubmenge und dem Auftreten einer chronischen obstruktiven Bronchitis oder eines Lungenemphysems.

Es kann nicht übersehen werden, daß zwischen eingeatmeter Staubmenge und dem auftretenden Lungenkrebs ein hinreichend wahrscheinlicher Zusammenhang besteht.

Der Krebsforscher Prof. Friedhelm Pott, der Pleuramesotheliome etwa im Tierversuch nachstellte, ermittelte sachverständig, daß eine Staubbelastung kanzerogen sein kann.

Prof. Friedhelm Pott war seinerzeit Angehöriger des Hygieneinstitutes der Universität Düsseldorf.

Erst recht aber bedingt eine zu 50% MdE-entschädigte Berufskrankheit Nr. 4111 eine Lebzeitenverkürzung um 1 Jahr, auch wenn und gerade weil ein Lungenkrebs hinzutritt.

Es findet eine wechselseitige Verstärkung in den Auswirkungen statt.

Hier ist die Kausalitätsnorm der gesetzlichen Unfall- und Berufskrankheitenversicherung einschlägig, derzufolge wesentliche Mitursächlichkeit der beruflichen Bedingung vollkommen ausreichend ist für den Versicherungsschutz.

Auf BSG NJW 1964, 2222 wird Bezug genommen, wo die Rede ist von einer Kausalitätsnorm und der Hinweis gegeben wird, daß selbst eine verhältnismäßig niedriger zu wertende Bedingung beruflicher Art sehr wohl wesentlich sein kann.

Hier können berufliche Bedingung und Lungenkrebs nicht auseinandergehalten werden, so daß Totalreparation berufsgenossenschaftlich zu leisten ist.

Erst recht gilt das Vorstehende, wenn man berücksichtigt, daß in der Berufskrankheit Nr. 4111 insbesondere der Quarzstaub gemeint ist.

Quarzstaub wiederum ist lungenkrebskanzerogen.

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

WeiterlesenLungenkrebs als Folge der Berufskrankheit Nr. 4111

Rechtsstreit

Rechtsstreit zwischen Bergbau-Berufsgenossenschaft heute BG RCI und Bundesrepublik Deutschland, Bundesversicherungsamt, um die Bergarbeiteremphysemfälle, von denen viele bis heute noch eine Stichtagsproblematik aufweisen bzw. einen Stichtag als Leistungsausschluß entgegengehalten bekommen

In der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2003 beantragte unsere Kanzlei die Beiladung zweier geschädigter Bergleute zu diesem Rechtsstreit, weil diese davon unmittelbar berührt waren.

Dem Vernehmen nach hatte das Bundesversicherungamt per Aufsichtsverfügung die Berufsgenossenschaft angewiesen und aufgefordert, dahingehende Fälle von Bergarbeitern, die an einem Bergarbeiteremphysem leiden, zumindest im Wege des Schadenersatzes anzuerkennen wegen Amtspflichtverletzung.

Daß es bei der Aufsichtsverfügung des Bundesversicherungsamtes es genügt hätte, seitens des Bundesversicherungsamtes die Berufsgenossenschaft zur Beachtung von § 551 Abs. 2 RVO anzuhalten, Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall für die Zeit vor dem Stichtag, versuchte unsere Kanzlei anläßlich dieses Termines vergeblich zu vermitteln.

Die Beiladungsanträge der zwei geschädigten Bergleute wurden an diese Tag durch das Bundessozialgericht zurückgewiesen.

Genau so wurde schließlich die Revision der Bundesrepublik Deutshcland, vertreten durch das Bundesversicherungsamt, durch das BSG zurückgewiesen, obwohl es offensichtlich ist, daß der Einwand des Stichtages gemäß Berufskranheitenverordnung, gegenüber dem Anspruch nach § 551 Abs. 2 RVO nicht zieht bzw. durchgreift.

Insofern liegen heute noch Tausende Entscheidungsfälle von Bergarbeiteremphysemkranken
offen, die als Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall angemeldet wurden und im Feststellungsverfahren bis heute nicht beschieden worden sind, aus diesem Gesichtspunkt, sondern eben nur aus dem Gesichtspunkt der Berufskrankheit Nr. 4111.

Die Entscheidung zu § 551 Abs. 2 RVO ist offenbar in den meisten dieser Fälle überfällig.

Ausgenommen sind vielleicht die nachgemeldeten 400 Fälle.

Die beiden Bergleute, die wir vertreten haben, deren Beiladung beim BSG wir zu erreichen suchten, sind zwischenzeitlich in Entschädigung bzw. deren Bergarbeiteremphysem jeweils.

Wäre das BSG dem Rechtstreit der Bergbau-Berufsgenossenschaft gegen die Bundesrepublik Deutschland vertreten durch das Bundesversicherungsamt auf den Grund gegangen, würde heute kein Bergmann beim Bergarbeiteremphysem leer ausgehen, während es so noch Tausende sind, die der Entschädigung harren.

Offen steht in den meisten Fällen also noch die Anwendung des § 551 Abs. 2 RVO, der Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall, wobei es genügt, daß die neuen Erkenntnisse heute vorliegen.

Diese mußten nicht etwa zum Zeitpunkt der Erkrankung vorhanden sein, obwohl auch damals entsprechende Erkenntnisse vorgelegen haben müssen.

In den Fällen der Bergleute ist zu fordern, daß die Berufsgenossenschaft systematisch die Berufskrankheiten-Nrn. 4101, 4301/4302, 4111, 4112 etc. prüft genau so wie die Einzelfallvorschrift der Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall für die Fälle aus der Vorzeit einer Listenerweiterung.

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

WeiterlesenRechtsstreit

Begutachtung der Berufskrankheit-Nr. 4101, Silikose

Kolloquium zur Begutachtung der Berufskrankheit-Nr. 4101, Silikose des Bergmannes;
hier:    Die Bochumer Empfehlung der Berufsgenossenschaften

Tagung 12.03.2010 im berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil, Bochum

Anlaß für die Tagung war, daß die bislang bei geringgradig gestreuten Silikosen angewandte Begutachtungspraxis, die auf der sogenannten Moerser-Konvention beruhte, sich nicht mit der aktuellen medizinisch wissenschaftlichen Datenlage deckte.

Zwischen Beschwerdebild (einschl. der Einschränkungen der kardiopulmonalen Funktion) und Gasaustausch und den Befunden im Röntgenbild, insbesondere den einzelnen Streuungskategorien nach der ILO-Klassifikation, bestehen keine klaren, ausreichend belastbaren Korrelationen.

Deshalb will man nunmehr bereits ab einem Streuungsgrad 1/1 nach der ILO-Klassifikation (geringgradig gestreute Silikose) prüfen, ob Funktionseinschränkungen feststellbar und auf eine Quarzstaublungenerkrankung zurückzuführen sind.

Damit nun wurde die Moerser-Konvention zu Grabe getragen, die in den 70iger Jahren dazu führte, daß etwa mit 70 % berentete Staublungenfälle nach der damals platzgreifenden Moerser-Konvention nur noch mit 20 % MdE bedacht wurden.

Daß die schweren Fälle seinerzeit weniger wurden, was die Bergbau-Berufsgenossenschaft hervorhob, lag weniger an einer Besserung der Befindlichkeit der erkrankten Bergleute, sondern an einem Wechsel der Beurteilungspraxis im Sinne der damals platzgreifenden Moerser-Konvention.

Festzustellen ist also, daß die Entschädigungspraxis der Bergbau-Berufsgenossenschaft insbesondere zu kurz griff, weil man die sogenannte Moerser-Konvention anwandte, mit all den nachteiligen Folgen für die Bergleute.

Bis heute hat man noch nicht dazu gefunden, die Atemwegserkrankungen der Bergleute systematisch zu prüfen, und zwar nach den Anspruchsgrundlagen Nr. 4101, Silikose, Nr. 4301/4302, obstruktive Atemwegserkrankung, Nr. 4111, Bergarbeiteremphysem etc..

Insbesondere die obstruktiven Atemwegserkrankungen blieben in all den Jahrzehnten unbeachtet und wurden als silikoseunabhängig hingestellt.

Es sei kurz skizziert, welche Tagungsbeiträge bzw. Diskussionsbeiträge unserer Kanzlei am 12.03.2010 getätigt wurden.

Zunächst wurde angefragt bzw. geltend gemacht, daß bei Silikosen 1/0 trotz jahrzehntelanger Staubbelastung des Bergmannes unter Tage kein Gutachten seitens der Bergbau-Berufsgenossenschaft eingeholt wurde und wird.

Eine erste berufsgenossenschaftliche Erwiderung dazu lautete, bei einer Silikose 1/0 stünde die Berufskrankheit-Nr. 4101 noch nicht mit Gewißheit fest.

Auf die Frage des berufsgenossenschaftlichen Direktors, der diese Antwort gegeben hatte, an den Verfasser, ob er nicht mit dieser Antwort Recht habe, verneinte der Verfasser, und zwar mit Hinweis darauf, daß ein Strengbeweis nicht zu fordern sei.

In der am Ende der Tagung durchgeführten Diskussion griff die Tagungsleitung unseren Beitrag zur weiteren Diskussion auf.

Unsererseits wurde noch einmal der Fall des Bergmannes nach 30 Jahren Tätigkeit unter Tage aufgezeigt, der an Luftnot leidet, aber nur eine Silikose 1/0 aufweist, wobei die Silikose bzw. die silikotischen Veränderungen sehr wohl bereits wieder ausgewaschen sein können durch Umbauvorgänge im Körper.

Wir wiesen auf eine Doktorarbeit hin, und zwar zu den Ergebnissen von einem Tierversuch.

Methode:        Ratten wurde einmalig Quarzstaub appliziert.

Nach einer Beobachtungszeit von 3 bzw. 6 Monaten wurden Lungen- und
Lymphknoten für die histologische Beurteilung asserviert.

Ergebnisse:    Alle Versuchstiere wiesen fibrotische Veränderungen der Lungen- und der
Lymphknoten auf.

Warum denn dann nicht auch der Bergmann?

Für die Zurechnung der Luftnot des Bergmannes nach jahrzehntelanger Tätigkeit unter Tage wurde seitens unserer Kanzlei ein Beweisgrad aufgezeigt, welcher nach § 287 Abs. 1 ZPO analog zu gelten hat, § 202 SGG,

„ob ein Schaden vorhanden ist und wie hoch sich der Schaden beläuft, wird zunächst vom Gutachter unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung entschieden.“

Einen entsprechenden Eintrag in die Bochumer-Empfehlung dieser Vorgabe gemäß § 287 I ZPO analog wünschte sich der Verfasser ausdrücklich.

Bei der gegenwärtigen Praxis der Berufsgenossenschaften blieb nur der Antrag im Gerichtsverfahren nach § 109 SGG, selber einen Gutachter zu bezeichnen und damit eine Begutachtung zu veranlassen.

Scheitern mußte der Versuch des Vorsitzenden Richters, 2. Senat des LSG NRW, der in seinem Referat versuchte, die Folgen des Zigarettenrauchens abzugrenzen, obwohl dies in der medizinischen Praxis gar nicht möglich ist.

Sind aber die Folgen zweier Ursachenketten, hier Staubbelastung, Zigarettenrauchen, nicht realiter teilbar, gilt, worauf der Verfasser hinweisen mußte in der Diskussion, die sogenannte Kausalitätsnorm der gesetzlichen Unfallversicherung, die zu Gewohnheitsrecht erstarkt ist, in dem Sinne, daß wesentliche Mitursächlichkeit der beruflichen Bedingungen vollkommen ausreichend ist, hier der Quarzstaubbelastung.

Wenn dieser Richter bereits in einem Fall seiner Spruchpraxis die Spätfolgen der Silikose als ausschließliche Folge des Tabakkonsums hingestellt hat, dann ist diese Abgrenzung rein spekulativ und keineswegs real, weil hier zwei Ursachenketten, die berufliche, die private, in fataler Weise verknüpft sind und synergistisch wirken.

Wichtig war der Hinweis von Prof. Dr. Schultze-Werninghaus, im Falle dessen, daß später die festgestellte und anerkannte Silikose nicht mehr sichtbar ist, gleichwohl die Anerkennung der Berufskrankheit nicht zurückzunehmen.

Nach Auffassung unserer Kanzlei empfiehlt sich in jedem Fall, die Berufskrankheiten-Nrn. 4101, 4301/4302, 4111 in einer Gesamtschau zu prüfen und zu bescheiden, und zwar rechtsbehelfsfähig.

Dies sollte der geschädigte Bergmann ausdrücklich beantragen.

Interessant waren die Fallzahlen, die genannt wurden.

Offenbar verfallen 5.647 Fälle der Ablehnung, was die Silikose anbetrifft.

Hinsichtlich der Berufskrankheit 4111, Bergarbeiteremphysem, haben sich aufgrund der Verordnungserweiterung bzgl. des Stichtages 400 neue Anzeigen zählen lassen, was bedeutet, daß noch mehrere Tausend Bergarbeiteremphysemfälle der Berufskrankheit Nr. 4111 dem
Stichtagseinwand ausgesetzt sind, also nicht entschädigt wurden, obwohl es die Einzelfallvorschrift des § 551 Abs.2 RVO gibt, heute § 9 Abs. 2 SGB VII, wonach eine Berufskrankheit aus der Vorzeit einer Listenerweiterung als Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall zu entschädigen ist.

Insofern sind diese Fälle sowohl notleidend als auch noch offen aus dem Gesichtspunkt des
§ 551 Abs. 2 RVO.

Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde bekannt, daß der Silikosebund Insolvenz angemeldet hat.

Insofern hat es den Anschein, bedenkt man die Entwicklung der letzten Jahrzehnte, daß sich nachgerade alles gegen den deutschen Bergmann verschworen zu haben scheint.

Die nicht erledigten Schadensfälle der Bergleute, die ihre Gesundheit beruflich verschlissen haben, sind gewissermaßen Legion.

Erwähnenswert sind noch die besonderen Fälle der Sandstrahler und Gußputzer, deren Exposition noch ein vielfaches ausmacht, was den normalen Bergmann anbetrifft.

Die arbeitstechnischen Voraussetzungen der obstruktiven Atemwegserkrankung bzw. das Asthma bronchiale liegen etwa in allergisierenden Wirkungen der Isocyanate bzw. Kleber unter Tage sowie den chemisch toxischen und chemisch irritativen Belastungen, ob es die Streckenausspühung oder anderes anbetrifft.

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

WeiterlesenBegutachtung der Berufskrankheit-Nr. 4101, Silikose