Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule, Nr. 2108

Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule, Nr. 2108;
hier:    Bandscheibenvorfälle der Krankenschwester in den Segmenten L4/L5 und 5/S1 mit Osteochondrosen und von Diarthrosen, Bandscheibenvorfall im Segment L1/L2 mit einer Chondrose sowie Bandscheibenvorwölbungen in den Segmenten L2/L3 und L3/L4 mit Spondylarthrosen

Zwar räumt die Berufsgenossenschaft ein, daß damit eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule nachgewiesen sei.

Gleichwohl soll dann aber die Lebensdosis von 9,18 MNh nicht ausreichen, wesentlich mitursächlich für diese Bandscheibenvorfälle geworden zu sein.

Damit blendet die Berufsgenossenschaft die schwere berufliche Belastung einer Krankenschwester aus der Zeit vom 01.10.1992 bis zum 12.09.2006 (letzter Arbeitstag vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit) gewissermaßen aus.

Statt dessen sollen Beweisregeln im Sinne der Konsensusempfehlungen den Ausschlag geben, welche ausweislich des angefochtenen Widerspruchsbescheides der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften herausgegeben hat.

Mit der Erstellung von antizipierten Sachverständigengutachten bzw. Beweisregelwerken wird der Einzelfall damit aus dem Blick gerückt, weil die schwere Belastung des Rückens der Krankenschwester keine Rolle mehr spielt, wenn die entstandenen Bandscheibenvorfälle in Augenschein genommen werden.

Alle wesentlichen Entscheidungen trifft allerdings der Verordnungsgeber.

Dieser hat also das Zielorgan der Bandscheibenerkrankung der Lendenwirbelsäule festgelegt und auch die Belastungen in Form des schweren Hebens und Tragens und der Rumpfbeugehaltung.

Im Widerspruchsbescheid geht die Berufsgenossenschaft noch heute von einem MDD-Wert aus, 17 MNh, was die Frauen anbetrifft, während das Bundessozialgericht in neuerer Rechtsprechung bereits eine Absenkung des Richtwertes auf 12,5 MNh für Männer konzediert.

Die Berufsgenossenschaft lehnt aber nicht nur die Gewährung einer Verletztenrente ab, sondern sogar auch die sogenannten Übergangsleistungen, die geschuldet werden, wenn die gefährdenden Tätigkeiten aufgegeben werden.

Warum die aufgezeigten Bandscheibenvorfälle keine Kontraindikation sind für eine Fortsetzung der schweren Arbeit als Krankenschwester, erschließt sich nicht aus dem berufsgenossenschaftlichen Bescheid, allenfalls aus den Beweisregeln, welche die Konsensusempfehlungen enthalten.

Während die Wesentlichkeit einer beruflichen Mitursache sich nach der praktischen Lebenserfahrung bestimmt, sollen es andererseits wiederum genossenschaftliche Regelwerke richten, und zwar im gegenteiligen Sinne.

Im Streit befindet sich nun, ob die Konsensusempfehlungen etwa ein antizipiertes Gutachten darstellen, weil in diesem Fall sich dann das Bundessozialgericht gehindert sähe, hier einzugreifen.

Diesen Vorbehalt nimmt die Rechtsprechung offenbar in neuerer Zeit noch für sich in Anspruch, obwohl die Beweishoheit offenbar längst auf die Berufsgenossenschaft übergegangen ist, welche gewissermaßen nach Belieben die Berufskrankheiten bzw. deren Feststellung mit Beweisregeln umgibt.

Bei Lichte betrachtet ist die Berufskrankheit der hier betroffenen Krankenschwester beim besten Willen nicht zu übersehen, wenn man die wesentliche Mitursächlichkeit gelten läßt, was die berufliche Belastung anbetrifft, und zwar als Krankenschwester.

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

WeiterlesenBerufskrankheit der Lendenwirbelsäule, Nr. 2108

Berufliche Lärmschwerhörigkeit

Berufliche Lärmschwerhörigkeit, Berufskrankheit-Nr. 2301

Der Kläger in einem Rechtstreit vor dem Sozialgericht Wiesbaden – S 1 U 81/08 -, es ging um ein Überprüfungsverfahren, war von 1957 bis 1969 als Schlosser im Maschinenbau tätig, von 1969 bis 1976 als Arbeitsvorbereiter und Sachbereiter, von 1976 bis 1992 in der Dreherei, von 1992 bis 1997 Lagerverwalter und bis Oktober 1997 Arbeitsvorbereiter.

Zusätzlich zu den Hörverlusten erlitt der Kläger dieses Falles einen beidseitigen Tinnitus, wobei die Ohrgeräusche offenbar in den Jahren 1994 bzw. 1995 aufgetreten sind.

Die Berufsgenossenschaft bestreitet einen Zusammenhang der gesamten Hörverluste mit der beruflichen Exposition und überdies auch einen Zusammenhang der Ohrgeräusche mit der Lärmtätigkeit.

Das Sozialgericht Wiesbaden hält dafür, daß nur für die Zeit von 1957 bis 1969 eine Lärmbelastung von 90 dB(A) vorgelegen hätte.

Dabei hat in einem vorausgegangenen Verfahren das Gericht nicht in Abrede gestellt, daß der Betroffene auch im Rahmen der Ausübung der Folgetätigkeiten Lärm ausgesetzt gewesen sei.

Nach den Feststellungen des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten habe aber der dortige Lärmpegel nicht mehr als 85 dB(A) erreicht.

Nach den medizinischen Erkenntnissen sei gehörschädigend indes ein Dauerlärm oberhalb von 90 dB(A) während des überwiegenden Teils der Arbeitszeit.

Richtig ist, daß eine berufliche Lärmschwerhörigkeit bereits bei einer Exposition von 85 dB(A) erreicht ist.

Entscheidend sind allerdings die Lärmspitzen, die in dem berufgenossenschaftlichen Feststellungsverfahren in keinem Fall ausgewiesen werden, obwohl diese die Vertäubung bedingen, welche schließlich zur Lärmschwerhörigkeit führt.

Wenn dann während der Tätigkeiten mit Lärmspitzen die Ohrgeräusche aufgetreten sind, kann das Soziagericht beim besten Willen nicht behaupten, hier sei eine Lärmpause vorhanden gewesen, so daß Ohrgeräusche nicht hätten eintreten können wegen der Lärmschwerhörigkeit.

Denn die Lärmspitzen waren weiterhin gegeben.

Der Mangel im vorliegenden Verfahren liegt insbesondere darin, daß kein unabhängiges arbeitstechnisches Sachverständigengutachten eingeholt wird, sondern die technische Expertise des Technischen Aufsichtsbeamten der beklagten Berufsgenossenschaft zugrundegelegt wird gerichtsseitig.

Aber selbst in diesem Fall hätte das Sozialgericht den Zusammenhang der Ohrgeräusche mit den Lärmbelastungen nicht übersehen können.

Berufung ist eingelegt.

Entscheidend dürfte sein, ob für den Kläger 20 % MdE erreicht sind, was in etwa 20 % des Nettoeinkommens entsprechen würde, unabhängig davon, ob ein Verdienstausfall erlitten ist oder nicht.

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

WeiterlesenBerufliche Lärmschwerhörigkeit