Blasenkrebserkrankung eines Malers und Lackierers

Blasenkrebserkrankung eines Malers und Lackierers, Diagnose des Blasenkarzinoms im Juli 2002, Gefährdungsbeginn 1974, und zwar etwa durch die Zersetzung von Farben, Abbeizen von Altbeschichtungen und Abbrennen von Altbeschichtungen, siehe Merkblatt des BMA zur Berufskrankheit Nr. 1301

Eine grundsätzliche Bedeutung wesentlicher Art vermochte das Bundessozialgericht in einem Beschluß über eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu erkennen, obwohl die Rechtsfrage aufgeworfen worden war, ob nun der Hinweis im Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 3101 zutrifft oder nicht.

„Arbeiten mit dem fertigen Farbstoff und den gebrauchsartigen Farben sind ungefährlich, falls nicht infolge Zersetzung oder Zerstörung aromatische Amine, die die betreffenden Krankheiten verursachen können, frei werden.“

Das Landessozialgericht NRW – L 4 U 87/06 – hatte auf Seite 3 des Urteils festgehalten:

„Sieht der Senat keine Veranlassung, beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung nachzufragen, ob bei der Zersetzung von Farben aromatische Amine freigesetzt werden.“

Das Bundessozialgericht sah auch keinen Handlungsbedarf der höchsten Richter trotz der Fragestellung:

„Ob nicht die Sozialgerichtsbarkeit allgemein gehalten ist, in Berufskrankheitsfällen eine unabhängige arbeitstechnische Stellungnahme zu veranlassen, statt, wie in der Praxis nachgerade ausnahmslos die Expositionsgutachten des Technischen Aufsichtsdienstes der beklagten Partei zugrunde zu legen, die unter Verletzung überdies das Angebot eines Auswahlrechts durch die Berufsgenossenschaft eingeholt werden.“

Überprüfungsantrag war gleichzeitig zur Berufsgenossenschaft hin gestellt worden, und zwar auf Zugunstenbescheid nach § 44 SGB X, weil eine massive Carbolineumbelastung mit der Folge der Einwirkung von aromatischen Aminen vernachlässigt worden war im berufsgenossenschaftlichen Entschädigungsverfahren und im sozialgerichtlichen Prozeß.

Der Sachverständige Prof. Dr. N. bestätigte in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 05.05.2009, eine ernste Gefährdung stelle das verwendete Carbolineum dar, das als Ursache von Blasenkrebserkrankungen auch in der aktuellen arbeitsmedizinischen Literatur herausgestellt werde. Ausgehend von den Angaben des Benzidingehaltes in Carbolineum und einer Verwendung im zweistelligen Literbereich sechsmal im Jahr von 1974 bis 1985 sei die Gesamtdosis mit 8,25 MG zu errechnen. Schon bei der Hälfte dieser Dosis wäre an der beruflichen Verursachung der Erkrankung an Harnblasenkrebs kein Zweifel möglich. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 1301 seien ohne Zweifel erfüllt, hingewiesen werde noch einmal auf die typische Vorverlegung des Erkrankungszeitpunktes und auf das jugendliche Alter des Klägers bei Beginn der Exposition. Die BK bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage vom Tag der Erstdiagnose, dem 10.07.2002 für fünf Jahre lang 80 %, danach wegen der Neoblase dauerhaft 30 %.

Die korrekte Feststellung des honorigen Sachverständigen Prof. N. gab in diesem Fall nicht den Ausschlag, obwohl der Kläger zur Risikogruppe bzw. Hochrisikogruppe einer Berufskrankheit Nr. 1301, Blasenkrebs beruflicher Art, gehörte.

Zu fordern ist, daß das Sozialgerichtsgesetz dahin geändert wird, daß in jedem Fall die Revision zulässig ist, wenn ein Berufskrebs in Rede steht.

Die Quote von Fehlentscheidungen der Berufsgenossenschaften, deren eigene Technischen Aufsichtsbeamten die Gefährdung in Abrede stellen, gebietet dies.

Es sollte einmal beim führenden Arbeitsmediziner und Berufskrebsexperten Prof. Dr. H.-J. W. nachgehört werden, in welchem bestürzenden Ausmaß entschädigungsreife Berufskrebsfälle einschließlich der Asbestkrebsfälle, einschließlich der Asbestkrebsfälle überdies auch der Familienangehörigen von Asbestwerkern, einer anschließenden berufsgenossenschaftlichen und gerichtlichen Fehlentscheidung ausgesetzt sind.

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Berufskrankheit durch ionisierende Strahlen

Berufskrankheit durch ionisierende Strahlen, Nr. 2402 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung;
hier: Hochmalignes Non-Hodgkin-Lymphom der B-Zell-Reihe, SG Köln
– S 16 U 183/09 – in der Sache U. V.

Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts Köln lagen keine unabhängigen arbeitstechnischen Gutachten vor, sondern lediglich die Expertisen der eigenen Technischen Aufsichtsbeamten der Berufsgenossenschaften, die hier beteiligt sind.

Es geht um mögliche Gefährdungen im Bereich der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie, vormals Bergbau-Berufsgenossenschaft, der Hütten- und Walzwerks-Berufsgenossenschaft, der Steinbruchsberufsgenossenschaft etc.

Ob bei den fraglichen Tätigkeiten Strahlenbelastungen stattgefunden haben, kann die Witwe selber nicht abschätzen, weil diese Laiin ist und nicht an den Arbeitsstätten anwesend war.

Insofern gilt die Amtsermittlungspflicht der Berufsgenossenschaft, aber auch der Sozialgerichtsbarkeit, hier weiter zu prüfen.

Hinsichtlich der Tätigkeiten bzw. Belastungen in einem Elektrowerk war die Rede von Kobald-60-Strahlern, Gammastrahlern.

Daß die Radonbelastung natürlicher Art gesteigert war bei den Arbeiten des Ehemannes als Betriebsschlosser, Maschinen- und Montageschlosser wird klägerseitig unter Beweis gestellt.

Zum Thema Radon verhält sich Wikipedia, die Freie Enzyklopädie:

„Alle Isotope des Radon sind radioaktiv. …“

Da sich die drei relativ häufigen Isotope von Radon in Häusern in schlecht belüfteten Räumen ansammeln können, stellen sie eine Gefahr für die Gesundheit und eine erhebliche Radonbelastung dar.

Insofern kann hier der Ehemann der Klägerin durch seine berufliche Tätigkeit in gesteigertem Maße Radon ausgesetzt gewesen sein.

Der Fall weist die Besonderheit auf, daß seinerzeit die Berufsgenossenschaft, d.h. die Steinbruchsberufsgenossenschaft, ein Pleuramesotheliom, Berufskrankheit Nr. 4105, anerkannt hatte.

Diese Anerkennung wurde rückgängig gemacht bzw. Hinterbliebenenleistungen wurden abgelehnt, nachdem das Deutsche Mesotheliomregister durch Prof. Dr. K. – M. M. der Steinbruchsberufsgenossenschaft folgendes mitteilte:

„Mit Schreiben vom 03.02.2003 haben Sie uns mitgeteilt, daß Sie bei dem Versicherten, Herrn K. V., geb. 12.05.1943, ein Pleuramesotheliom als BK nach Ziff. 4105 anerkannt haben.

Dem Deutschen Mesotheliomregister wird jetzt bekannt, daß Herr V. kein Mesotheliom hat.

Wahrscheinlich sind Sie an einer ausführlicheren Zusammenhangsbegutachtung dieses ungewöhnlichen Krankheitsbildes interessiert. Ich bitte dann um einen entsprechenden Gutachtenauftrag und insbesondere um Übersendung der vollständigen Aktenunterlagen, die seinerzeit zur Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 4105 geführt haben.

Das Verfahren muß offensichtlich völlig neu aufgerollt werden.

Die Angelegenheit eilt und ich wäre Ihnen für eine umgehende Nachricht dankbar.“

Wegen der Berufskrankheit Nr. 4105 ist überdies ein Berufungsverfahren anhängig.

Es wird für nicht zulässig gehalten, daß hier das Deutsche Mesotheliomregister derart in einen Erkrankungsfall reinfunkt gewissermaßen.

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Berufliche Erkrankung der Lendenwirbelsäule

Berufliche Erkrankung der Lendenwirbelsäule Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung eines Versicherten, der zuletzt als Betonbohrer tätig war.

Dem Erkrankten, der die gefährdende Tätigkeit einstellen mußte, begegneten im Laufe des Verfahrens die seltsamsten Beweisregeln, etwa das MDD-Modell mit der Anforderung einer Richtdosis von zunächst 25 MNh, die angeblich unterschritten sei, 20,4 MNh.

Obwohl die Sachverständige Prof. Dr. G. E. eine Berufskrankheit nach Ziff. 2108 feststellte mit einer MdE von 20 %, die rentenberechtigend ist, hielt die Berufsgenossenschaft im Gerichtsverfahren weiter dagegen.

Der Sachverständige Dr. V. erhob Einwendungen, weil ebenfalls Veränderungen an der Halswirbelsäule bestünden.

Dem konnte sich die Sachverständige Prof. Dr. G. E. beim besten Willen nicht anschließen.

Hierzu nun das negative Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen – L 4 U 51/07 – auf Seite 9 unten:

„Die von der Sachverständigen Prof. Dr. Elsner geäußerte Kritik an der Zusammensetzung der vom Spitzenverband der gesetzlichen Unfallversicherung HVBG eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe und hinsichtlich der Invalidität der von ihr entwickelten Konsensusempfehlungen teilt der Senat nicht. … Die von der Sachverständigen geäußerten Bedenken hinsichtlich der Zusammensetzung der Arbeitsgruppe und ihrer Beauftragung durch den Spitzenverband der Unfallversicherungsträger ist schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil dieser nicht etwa als Interessenvertreter, sondern in Erfüllung des in § 9 Abs. 8 SGB normierten gesetzlichen Auftrags tätig wird.“

Das Gegenteil ist richtig, wenn man den Gesetzeswortlaut von § 9 Abs. 8 SGB VII zur Kenntnis nimmt:

„Die Unfallversicherungsträger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch‑wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Zusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären.“

Dies betrifft nun deutlich also als Forschungsauftrag die Gewinnung neuer Erkenntnisse hinsichtlich neuer Berufserkrankungen.

Vorliegend geht es allerdings um die codifizierte Berufskrankheit Nr. 2108, also eine geltende Listenberufskrankheit.

Die Konsensusempfehlungen bedeuten in diesem Zusammenhang, daß der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften Beweisregeln in Auftrag gibt, die geeignet sind, daß die Berufsgenossenschaften die geltende Listennummer gewissermaßen unterlaufen bzw. umschreiben.

Die Widerstände gegen die Verordnungsgebung sind also Legion.

Der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaft konnte als privatrechtlicher Verein sicher nicht ohne Ermächtigungsgrundlage die Konsensusempfehlung in Auftrag geben.

Eine kritische Distanz wird sozialgerichtlich dann nicht mehr gewahrt, wenn die vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften aufgestellten Beweisregeln, etwa MDD-Modell, etwa Konsensusempfehlungen nun von der Sozialgerichtsbarkeit in deren Urteilen getragen werden, statt diese zu hinterfragen.

Was die Halswirbelsäulenveränderungen mit dem Bandscheibenschaden an der Lendenwirbelsäule zu tun haben sollen, ist beim besten Willen nicht ergründbar.

Auch werden hier die Regeln der Kausalitätsnorm der gesetzlichen Unfallversicherung in dem Sinne verletzt, daß wesentliche Mitursächlichkeit der beruflichen Bedingungen quasi ausgeklammert wird.

Etwa das Urteil – L 4 U 51/07 – LSG NRW vom 19.03.2010 wird auch nicht den Auslegungsvorschriften gerecht, die etwa in § 2 Abs. 2 SGB I festgehalten sind, bei Auslegung der gesetzlichen Vorschriften des Sozialgesetzbuches sicherzustellen, daß eine möglichst weitgehende Rechtsverwirklichung, hier des Betonbohrers, gewährleistet wird.

Das Gegenteil ist vorliegend in der Praxis der Fall.

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Verbotswidriges Verhalten

Eine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsfalls konnte das Bundessozialgericht – Az. B 2 U 23/10 B – im folgenden Fall nicht abgewinnen, wo es dem Kläger um die Beachtung der Vorschrift des § 7 Abs. 2 SGB VII ging:

„Verbotswidriges Verhalten schließt den Versicherungsschutz nicht aus.“

Das Bundessozialgericht mochte nicht darauf eingehen offenbar, daß es in einem Widerspruch steht, wenn einerseits der Gesetzgeber vorgibt, verbotswidriges Verhalten schließe den Versicherungsschutz nicht aus und wenn dann andererseits das Bundessozialgericht ab 1,1° die Blutalkoholkonzentration durch Leistungsausschluß gewissermaßen ahndet.

In der Nichtzulassungsbeschwerde war ausgeführt worden:

„Ob ein nichtalkoholisierter Versicherter derart verunglückt wäre, diese Frage stellt sich wegen § 7 Abs. 2 Sozialgesetzbuch VII eben nicht, wenn man das Gesetz ernst nimmt und die Auslegungsvorschrift des § 2 Abs. 2 SGB I, bei Auslegung der Vorschriften sicherzustellen, daß die sozialen Rechte des Anspruchstellers möglichst weitgehend verwirklicht werden.“

Grundsätzliche Bedeutung hat dies schon, wenn gesetzwidrig hier ein Kläger durch Rechtsprechung und Berufsgenossenschaft gewissermaßen strafrechtlich abgestraft wird, also nach den strafrechtlichen Grundsätzen der absoluten Fahruntüchtigkeit.

Unter Beachtung des § 7 Abs. 2 SGB VII ist demgegenüber festzuhalten, daß der Kläger und schwerverletzte Versicherte im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung noch fahrtüchtig war, ernstlich den Heimweg zurückzulegen, was er auch bis zu diesem Zeitpunkt schon 10 Minuten lang unternommen hatte.

Dabei war die Blutalkoholkonzentration dem Beruf des Klägers geschuldet, der selbständiger Gastwirt war.

Nunmehr ist seine Existenz zerstört und Berufsgenossenschaft wie Sozialgericht halten vorliegend gegen die Anwendung des § 7 Abs. 2 SGB VII in diesem ernsten Fall.

Offenbar gilt dies getreu der Regel, „daß nicht sein kann, was nicht sein darf“, auch wenn der Gesetzgeber dies anders sieht.

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Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule, Nr. 2108

Berufskrankheit der Lendenwirbelsäule, Nr. 2108;
hier:    Bandscheibenvorfälle der Krankenschwester in den Segmenten L4/L5 und 5/S1 mit Osteochondrosen und von Diarthrosen, Bandscheibenvorfall im Segment L1/L2 mit einer Chondrose sowie Bandscheibenvorwölbungen in den Segmenten L2/L3 und L3/L4 mit Spondylarthrosen

Zwar räumt die Berufsgenossenschaft ein, daß damit eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule nachgewiesen sei.

Gleichwohl soll dann aber die Lebensdosis von 9,18 MNh nicht ausreichen, wesentlich mitursächlich für diese Bandscheibenvorfälle geworden zu sein.

Damit blendet die Berufsgenossenschaft die schwere berufliche Belastung einer Krankenschwester aus der Zeit vom 01.10.1992 bis zum 12.09.2006 (letzter Arbeitstag vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit) gewissermaßen aus.

Statt dessen sollen Beweisregeln im Sinne der Konsensusempfehlungen den Ausschlag geben, welche ausweislich des angefochtenen Widerspruchsbescheides der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften herausgegeben hat.

Mit der Erstellung von antizipierten Sachverständigengutachten bzw. Beweisregelwerken wird der Einzelfall damit aus dem Blick gerückt, weil die schwere Belastung des Rückens der Krankenschwester keine Rolle mehr spielt, wenn die entstandenen Bandscheibenvorfälle in Augenschein genommen werden.

Alle wesentlichen Entscheidungen trifft allerdings der Verordnungsgeber.

Dieser hat also das Zielorgan der Bandscheibenerkrankung der Lendenwirbelsäule festgelegt und auch die Belastungen in Form des schweren Hebens und Tragens und der Rumpfbeugehaltung.

Im Widerspruchsbescheid geht die Berufsgenossenschaft noch heute von einem MDD-Wert aus, 17 MNh, was die Frauen anbetrifft, während das Bundessozialgericht in neuerer Rechtsprechung bereits eine Absenkung des Richtwertes auf 12,5 MNh für Männer konzediert.

Die Berufsgenossenschaft lehnt aber nicht nur die Gewährung einer Verletztenrente ab, sondern sogar auch die sogenannten Übergangsleistungen, die geschuldet werden, wenn die gefährdenden Tätigkeiten aufgegeben werden.

Warum die aufgezeigten Bandscheibenvorfälle keine Kontraindikation sind für eine Fortsetzung der schweren Arbeit als Krankenschwester, erschließt sich nicht aus dem berufsgenossenschaftlichen Bescheid, allenfalls aus den Beweisregeln, welche die Konsensusempfehlungen enthalten.

Während die Wesentlichkeit einer beruflichen Mitursache sich nach der praktischen Lebenserfahrung bestimmt, sollen es andererseits wiederum genossenschaftliche Regelwerke richten, und zwar im gegenteiligen Sinne.

Im Streit befindet sich nun, ob die Konsensusempfehlungen etwa ein antizipiertes Gutachten darstellen, weil in diesem Fall sich dann das Bundessozialgericht gehindert sähe, hier einzugreifen.

Diesen Vorbehalt nimmt die Rechtsprechung offenbar in neuerer Zeit noch für sich in Anspruch, obwohl die Beweishoheit offenbar längst auf die Berufsgenossenschaft übergegangen ist, welche gewissermaßen nach Belieben die Berufskrankheiten bzw. deren Feststellung mit Beweisregeln umgibt.

Bei Lichte betrachtet ist die Berufskrankheit der hier betroffenen Krankenschwester beim besten Willen nicht zu übersehen, wenn man die wesentliche Mitursächlichkeit gelten läßt, was die berufliche Belastung anbetrifft, und zwar als Krankenschwester.

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Begutachtung der Berufskrankheit-Nr. 4101, Silikose

Kolloquium zur Begutachtung der Berufskrankheit-Nr. 4101, Silikose des Bergmannes;
hier:    Die Bochumer Empfehlung der Berufsgenossenschaften

Tagung 12.03.2010 im berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil, Bochum

Anlaß für die Tagung war, daß die bislang bei geringgradig gestreuten Silikosen angewandte Begutachtungspraxis, die auf der sogenannten Moerser-Konvention beruhte, sich nicht mit der aktuellen medizinisch wissenschaftlichen Datenlage deckte.

Zwischen Beschwerdebild (einschl. der Einschränkungen der kardiopulmonalen Funktion) und Gasaustausch und den Befunden im Röntgenbild, insbesondere den einzelnen Streuungskategorien nach der ILO-Klassifikation, bestehen keine klaren, ausreichend belastbaren Korrelationen.

Deshalb will man nunmehr bereits ab einem Streuungsgrad 1/1 nach der ILO-Klassifikation (geringgradig gestreute Silikose) prüfen, ob Funktionseinschränkungen feststellbar und auf eine Quarzstaublungenerkrankung zurückzuführen sind.

Damit nun wurde die Moerser-Konvention zu Grabe getragen, die in den 70iger Jahren dazu führte, daß etwa mit 70 % berentete Staublungenfälle nach der damals platzgreifenden Moerser-Konvention nur noch mit 20 % MdE bedacht wurden.

Daß die schweren Fälle seinerzeit weniger wurden, was die Bergbau-Berufsgenossenschaft hervorhob, lag weniger an einer Besserung der Befindlichkeit der erkrankten Bergleute, sondern an einem Wechsel der Beurteilungspraxis im Sinne der damals platzgreifenden Moerser-Konvention.

Festzustellen ist also, daß die Entschädigungspraxis der Bergbau-Berufsgenossenschaft insbesondere zu kurz griff, weil man die sogenannte Moerser-Konvention anwandte, mit all den nachteiligen Folgen für die Bergleute.

Bis heute hat man noch nicht dazu gefunden, die Atemwegserkrankungen der Bergleute systematisch zu prüfen, und zwar nach den Anspruchsgrundlagen Nr. 4101, Silikose, Nr. 4301/4302, obstruktive Atemwegserkrankung, Nr. 4111, Bergarbeiteremphysem etc..

Insbesondere die obstruktiven Atemwegserkrankungen blieben in all den Jahrzehnten unbeachtet und wurden als silikoseunabhängig hingestellt.

Es sei kurz skizziert, welche Tagungsbeiträge bzw. Diskussionsbeiträge unserer Kanzlei am 12.03.2010 getätigt wurden.

Zunächst wurde angefragt bzw. geltend gemacht, daß bei Silikosen 1/0 trotz jahrzehntelanger Staubbelastung des Bergmannes unter Tage kein Gutachten seitens der Bergbau-Berufsgenossenschaft eingeholt wurde und wird.

Eine erste berufsgenossenschaftliche Erwiderung dazu lautete, bei einer Silikose 1/0 stünde die Berufskrankheit-Nr. 4101 noch nicht mit Gewißheit fest.

Auf die Frage des berufsgenossenschaftlichen Direktors, der diese Antwort gegeben hatte, an den Verfasser, ob er nicht mit dieser Antwort Recht habe, verneinte der Verfasser, und zwar mit Hinweis darauf, daß ein Strengbeweis nicht zu fordern sei.

In der am Ende der Tagung durchgeführten Diskussion griff die Tagungsleitung unseren Beitrag zur weiteren Diskussion auf.

Unsererseits wurde noch einmal der Fall des Bergmannes nach 30 Jahren Tätigkeit unter Tage aufgezeigt, der an Luftnot leidet, aber nur eine Silikose 1/0 aufweist, wobei die Silikose bzw. die silikotischen Veränderungen sehr wohl bereits wieder ausgewaschen sein können durch Umbauvorgänge im Körper.

Wir wiesen auf eine Doktorarbeit hin, und zwar zu den Ergebnissen von einem Tierversuch.

Methode:        Ratten wurde einmalig Quarzstaub appliziert.

Nach einer Beobachtungszeit von 3 bzw. 6 Monaten wurden Lungen- und
Lymphknoten für die histologische Beurteilung asserviert.

Ergebnisse:    Alle Versuchstiere wiesen fibrotische Veränderungen der Lungen- und der
Lymphknoten auf.

Warum denn dann nicht auch der Bergmann?

Für die Zurechnung der Luftnot des Bergmannes nach jahrzehntelanger Tätigkeit unter Tage wurde seitens unserer Kanzlei ein Beweisgrad aufgezeigt, welcher nach § 287 Abs. 1 ZPO analog zu gelten hat, § 202 SGG,

„ob ein Schaden vorhanden ist und wie hoch sich der Schaden beläuft, wird zunächst vom Gutachter unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung entschieden.“

Einen entsprechenden Eintrag in die Bochumer-Empfehlung dieser Vorgabe gemäß § 287 I ZPO analog wünschte sich der Verfasser ausdrücklich.

Bei der gegenwärtigen Praxis der Berufsgenossenschaften blieb nur der Antrag im Gerichtsverfahren nach § 109 SGG, selber einen Gutachter zu bezeichnen und damit eine Begutachtung zu veranlassen.

Scheitern mußte der Versuch des Vorsitzenden Richters, 2. Senat des LSG NRW, der in seinem Referat versuchte, die Folgen des Zigarettenrauchens abzugrenzen, obwohl dies in der medizinischen Praxis gar nicht möglich ist.

Sind aber die Folgen zweier Ursachenketten, hier Staubbelastung, Zigarettenrauchen, nicht realiter teilbar, gilt, worauf der Verfasser hinweisen mußte in der Diskussion, die sogenannte Kausalitätsnorm der gesetzlichen Unfallversicherung, die zu Gewohnheitsrecht erstarkt ist, in dem Sinne, daß wesentliche Mitursächlichkeit der beruflichen Bedingungen vollkommen ausreichend ist, hier der Quarzstaubbelastung.

Wenn dieser Richter bereits in einem Fall seiner Spruchpraxis die Spätfolgen der Silikose als ausschließliche Folge des Tabakkonsums hingestellt hat, dann ist diese Abgrenzung rein spekulativ und keineswegs real, weil hier zwei Ursachenketten, die berufliche, die private, in fataler Weise verknüpft sind und synergistisch wirken.

Wichtig war der Hinweis von Prof. Dr. Schultze-Werninghaus, im Falle dessen, daß später die festgestellte und anerkannte Silikose nicht mehr sichtbar ist, gleichwohl die Anerkennung der Berufskrankheit nicht zurückzunehmen.

Nach Auffassung unserer Kanzlei empfiehlt sich in jedem Fall, die Berufskrankheiten-Nrn. 4101, 4301/4302, 4111 in einer Gesamtschau zu prüfen und zu bescheiden, und zwar rechtsbehelfsfähig.

Dies sollte der geschädigte Bergmann ausdrücklich beantragen.

Interessant waren die Fallzahlen, die genannt wurden.

Offenbar verfallen 5.647 Fälle der Ablehnung, was die Silikose anbetrifft.

Hinsichtlich der Berufskrankheit 4111, Bergarbeiteremphysem, haben sich aufgrund der Verordnungserweiterung bzgl. des Stichtages 400 neue Anzeigen zählen lassen, was bedeutet, daß noch mehrere Tausend Bergarbeiteremphysemfälle der Berufskrankheit Nr. 4111 dem
Stichtagseinwand ausgesetzt sind, also nicht entschädigt wurden, obwohl es die Einzelfallvorschrift des § 551 Abs.2 RVO gibt, heute § 9 Abs. 2 SGB VII, wonach eine Berufskrankheit aus der Vorzeit einer Listenerweiterung als Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall zu entschädigen ist.

Insofern sind diese Fälle sowohl notleidend als auch noch offen aus dem Gesichtspunkt des
§ 551 Abs. 2 RVO.

Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde bekannt, daß der Silikosebund Insolvenz angemeldet hat.

Insofern hat es den Anschein, bedenkt man die Entwicklung der letzten Jahrzehnte, daß sich nachgerade alles gegen den deutschen Bergmann verschworen zu haben scheint.

Die nicht erledigten Schadensfälle der Bergleute, die ihre Gesundheit beruflich verschlissen haben, sind gewissermaßen Legion.

Erwähnenswert sind noch die besonderen Fälle der Sandstrahler und Gußputzer, deren Exposition noch ein vielfaches ausmacht, was den normalen Bergmann anbetrifft.

Die arbeitstechnischen Voraussetzungen der obstruktiven Atemwegserkrankung bzw. das Asthma bronchiale liegen etwa in allergisierenden Wirkungen der Isocyanate bzw. Kleber unter Tage sowie den chemisch toxischen und chemisch irritativen Belastungen, ob es die Streckenausspühung oder anderes anbetrifft.

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Asbestfaserjahrzählung bei der Asbestose

Es trifft die Asbestosekranken gewissermaßen von hinten durch die Brust, wenn neuerdings die Berufsgenossenschaften Asbestfaserjahrzählungen vornehmen, um dann die Brückensymptome im Sinne der Pleura- und Lungenasbestose in Abrede zu stellen, weil angeblich die Faserjahre nicht hinreichen würden, die man feststellt.

So wird etwa bei einem Dachdecker versucht, auf 7 Asbestfaserjahre gewissermaßen zu drücken, obwohl der Sachverständige aus Gießen 60 Asbestfaserjahre gezählt hat, und zwar etwa in Kenntnis der Baustellenstudie Hessen.

Es handelt sich dabei um einen Asbestosefall Schweregrad 3, mit hoher Minderung der Erwerbsfähigkeit, was dem Rentensatz entsprechen würde.

Dafür, daß der Sachverständige aus Gießen 60 Asbestfaserjahre errechnet hat, soll dieser aus berufsgenossenschaftlicher Sicht nachgerade „bluten“, indem man berufsgenossenschaftlich verweigert, das Gutachten zu zahlen, falls der Sachverständige bei seiner Zählung von 60 Asbestfaserjahren verbleibe.

Die Einflußnahme der Berufsgenossenschaften auf das Ergebnis der Bewertung der arbeitstechnischen Voraussetzungen ist nicht nur in diesem Fall deutlich.

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Frage der Arbeitgeberhaftung

Anliegender Auszug aus einem Schreiben an einen Mitarbeiter der Presse sei wörtlich zitiert, weil die Themen Asbest und Geschädigte sowie die Frage der Arbeitgeberhaftung deutlich herausschauen.

Wir haben seinerzeit die Firma E. in Deutschland beim Arbeitsgericht in Anspruch genommen, weil ein Asbestlungenkrebsfall eines Mitarbeiters als schicksalhaft berufsgenossenschaftlich abgelehnt worden war.

Ergebnis dieser Arbeitgeberhaftungsklage war schließlich, daß sich die Berufsgenossenschaft bequemen mußte, den Fall anzuerkennen gegenüber Witwe und Waisen.

Ihr gegenwärtiges Interesse würde ich gerne auf die Familienangehörigen lenken, d.h. auf die Asbestmesotheliome aus der Nachbarschaft von Asbestfabriken, wo das Bundessozialgericht in einem unserer Fälle unter dem 13.10.1993 – 2 RU 53/92 – folgendes entschieden hat:

„Ist die Reinigung asbeststaubverschmutzter Arbeitskleidung des Ehemannes allein wesentlich dem eigenwirtschaftlichen Privatbereich zuzuordnen. Die Handlungstendenz hier diene nicht einem Unternehmen, sondern den Interessen des gemeinsamen Haushaltes.“

Demgegenüber war die Ehefrau des betreffenden Falles sehr wohl versichert, und zwar nach der Reichsversicherungsordnung bzw. nach dem Sozialgesetzbuch VII, also nach § 539 Abs. 2 RVO „wie ein Versicherter“ bzw. nach § 2 Abs. 2 SGB VII, wo es gleich lautet.

Das Deutsche Bundessozialgericht läßt sich angelegen sein unter dem Einfluß der Berufsgenossenschaften, die Rechtsvorschriften so weit zurückzunehmen, daß man diese nicht mehr wiedererkennt, wie Sie an diesem Beispiel ermessen mögen.

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Unterschieben gewissermaßen eines berufsgenossenschaftlichen Gutachtens

Unterschieben gewissermaßen eines berufsgenossenschaftlichen Gutachtens unter das zuvor eingeholte Gutachten eines auswärtigen Gutachters

In einer Meniskus-Berufskrankheitssache, BK Nr. 2102, fällt auf, daß das positive Gutachten nicht ausgeführt werden soll, welches unter Angebot eines Gutachterauswahlrechtes von der Berufsgenossenschaft eingeholt wurde.

Statt dessen bemüht man einen Beratenden Arzt, Dr. D.

Dieser war zuvor Angehöriger der Sachverständigenstelle der Bau-Berufsgenossenschaft Wuppertal.

Dieser Gutachter kam naturgemäß zum gegenteiligen Ergebnis.

Die Berufsgenossenschaft bestreitet bei der Rüge des § 200 Abs. 2 SGB VII, Verletzung des Gutachterauswahlrechtes, daß das neue Gutachten überhaupt ein Gutachten wäre, weil dieses mit Stellungnahme überschrieben ist.

Ansonsten erfüllt allerdings diese Stellungnahme alle Kriterien eines Gutachtens, und zwar in Form eines Obergutachtens.

Der Beratende Arzt der Berufsgenossenschaft ist sich nicht zu schade, sich zum Obergutachter aufzuschwingen, obwohl eine gewisse Bescheidenheit angezeigt wäre.

Am Ende im Gerichtsverfahren ist dann nicht mehr erkennbar, wo die Beweishoheit liegt, beim Sozialgericht oder bei der Berufsgenossenschaft, deren Beratende Ärzte das Verfahren im Feststellungsverfahren und im Gerichtsverfahren weitgehend bestimmen.

Der Erkrankte wiederum muß nunmehr zuwarten, bis der Streit um die Entfernung der Stellungnahme des Beratenden Arztes beendet ist, und zwar rechtskräftig.

Eine Verbindung der Verfahren in der Sache und der Verfahren bezüglich Entfernung aus der Akte ist offenbar nicht angedacht in der Sozialgerichtsbarkeit, was wenig prozeßökonomisch ist.

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Fusionen der Berufsgenossenschaften

Gefahren für die Mitgliedsunternehmen aus den Fusionen der Berufsgenossenschaften etwa Edelmetallberufsgenossenschaft und Süddeutsche Metallberufsgenossenschaft;

hier: Wegfall der Tarifstellen für den kaufmännischen Teil der Unternehmen im Büro und für die Sozial- und Sicherheitseinrichtungen im Gefahrtarif

Die Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd hat ihren Gefahrtarif 2006 wie folgt begründet:

„Nach der Fusion von EMBG und SMBG zur Berufsgenossenschaft Metall Süd am 01.05.2005 hat die Vertreterversammlung einen neuen Gefahrtarif beschlossen. Dieser umfaßt alle Gewerbezweige aus den Mitgliederverzeichnissen beider Berufsgenossenschaften.

Die Tarifstellen wurden wie bisher nach Gewerbezweigen geordnet. Die Belastungswerte ergeben sich aus den von den Betrieben gemeldeten Lohnsummen und den Entschädigungslasten der Jahre 2001 bis 2004.

Der Gefahrtarif der BGMS enthält aber eine grundlegende Änderung:

Die Tarifstellen für den kaufmännischen Teil der Unternehmen im Büro und für die Sozial- und Sicherheitseinrichtungen sind entfallen.“

Die fatale Folge ist nun für die Mitgliedsunternehmen, daß im Bereich des Verkaufs und des verwaltenden Teils des Unternehmens nunmehr die Beiträge bis zum fünffachen ansteigen.

Diesseitiger Auffassung nach wird dies nicht durch die Ermäßigung der gewerblichen Gefahrklasse aufgefangen.

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