Der Lungenkrebs nach beruflicher Asbesteinwirkung
Der Lungenkrebs nach beruflicher Asbesteinwirkung erheblicher Art auf den versicherten Arbeitnehmer ist eine Asbeststaublungenerkrankung, so wie wörtlich die Asbestose in der Berufskrankheiten Nr. 4103 definiert ist.
Dabei ist hilfreich, daß die Vorschrift der Berufskrankheit Nr. 4103 keine Mindestanforderung von Asbestfaserjahren kennt.
Anlaß nun für diesen Blog-Vermerk ist die Reaktion der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft in einem Widerspruchsbescheid vom 24.10.2013 auf dieses überraschende Faktum, daß nämlich der Lungenkrebs nach erheblicher Asbesteinwirkung beruflicher Art schon als Berufskrankheit Nr. 4103 erste Alternative zu entschädigen ist.
In gewisser Weise räumt die Bauberufsgenossenschaft im Widerspruchsbescheid zum Az. der Berufsgenossenschaft L 10.918.472.912 eine Anspruchskonkurrenz bzw. eine weitere Anspruchsgrundlage, hier die Berufskrankheit Nr. 4103 ein.
Wörtlich die Berufsgenossenschaft auf Seite 2 des Widerspruchsbescheides:
„Naturgemäß hat die unsystematische Fortschreibung der Berufskrankheiten-Liste zu Konkurrenzlagen zwischen den einzelnen Berufskrankheiten-Tatbeständen geführt mit der Folge, daß für deren Auflösung die Liste selbst kein Konzept bereithält.“
Derartige Tatbestandskonkurrenzen könnten und sollten, so die Berufsgenossenschaft weiter, vom Gesetz bzw. vom Verordnungsgeber durch eine besondere Kollisionsnorm oder eine Konkurrenzklausel in einer der beteiligten Normen geregelt sein, da ansonsten bei der Annahme gleich mehrerer Versicherungsfälle eintretende Folgen wie z. B., daß Leistungen nach § 59 SGB VII zu begrenzen wären o. ä., unvermeidbar wären.
Solange aber keine Regelung des Gesetzgebers bzw. Verordnungsgebers vorgegeben ist, bedeutet dies für die Anspruchskonkurrenz durch die Nr. 4103, wie aufgezeigt, die Entschädigungspflicht der Berufsgenossenschaft bereits nach dieser Rechtsnorm, also der Listen Nr. 4103 erste Alternative.
Dies aber will man bei der Bauberufsgenossenschaft dann doch nicht wahrhaben.
Obwohl also kein Bescheid im Verfahren zuvor in Ansehung der Berufskrankheit Nr. 4103 Lungenkrebs nach Asbesteinwirkung als Asbeststaublungenerkrankung ergangen war, als derjenige Ablehnungsbescheid nun vom 06.02.2013 argumentiert man bauberufsgenossenschaftlich im Umkehrschluß:
„Daß im Umkehrschluß dann eben auch eine BK nach Nr. 4103 nicht vorgelegen haben kann.“
Hier wird in voller Kenntnis der Sach- und Rechtslage der Rechtsanspruch der Witwe und der Waise abgeschnitten, obwohl keine Kollisionsnorm oder eine Konkurrenzklausel existiert, eingestandenermaßen, die dies erlauben würde.
Die einschlägigen Ablehnungsfälle nehmen gewissermaßen „Fahrt auf“, was deren Behandlung im Rechtswege anbetrifft.
Die schlichte Umsetzung der Berufskrankheiten-Liste ist kein Problem des Gesetzgebers oder Verordnungsgebers, sondern vielmehr eine Frage der Rechtsanwendung mit schlichter Kausalitätsprüfung, was die Kanzerogenität des Asbest für den Lungenkrebs anbetrifft.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht