Verhältnis der Berufskrankheiten Nr. 4103 (Asbestose) und 4104 (Asbestlungenkrebs) zueinander

Verhältnis der Berufskrankheiten Nr. 4103 (Asbestose) und 4104 (Asbestlungenkrebs) zueinander

In einem Fall des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen – L 15 U 371/13 – findet sich auf Seite 12 des Berufungsurteils folgender Hinweis:

„Danach lag bei dem unstreitig an der Lungenkrebserkrankung verstorbenen Versicherten weder ein Mesotheliom (BK 4105) noch eine Asbestose oder Erkrankung der Pleura im Sinne der ersten beiden Alternativen der BK 4104 vor. Daher erübrigen sich weitere Überlegungen zu der von der früheren Klägerin ebenfalls thematisierten BK 4103 (Asbeststaublungenerkrankung), da dieses Krankheitsbild von der BK 4104 mit umfaßt wird, welche wiederum Brückenbefunde der BK 4103 voraussetzt (Konsumtion, vgl. Lauterbach, Unfallversicherung 4. Auflage 2013, § 9 Anhang IV Rn. 10).“

Wenn es sich um einen Lungenkrebs nach gebührender beruflicher Asbestexposition von mindestens 14,6 Asbestfaserjahren handelt, ist nicht von der Hand zu weisen, daß es sich dabei um eine Asbeststaublungenerkrankung handelt, im Sinne der Berufskrankheit Nr. 4103, weil dort die Asbestose als Asbeststaublungenerkrankung definiert ist und ein Lungenkrebs nach gebührender beruflicher Asbestexposition eine Asbeststaublungenerkrankung darstellt, im Wortsinne und im Sachsinne.

Da die Berufskrankheit Nr. 4103 eine eigenständige Berufskrankheitennummer ist, muß dem entschieden entgegengetreten werden, wenn das Landessozialgericht hier zu der Auffassung gelangt, die Berufskrankheit Nr. 4103 werde von der Berufskrankheit Nr. 4104 gewissermaßen konsumiert.

Das Gegenteil ist richtig.

Eine zu bejahende Anspruchsgrundlage, Berufskrankheit Nr. 4103, kann nicht durch einen Blick in die Berufskrankheitennummer 4104 gewissermaßen entfallen.

Die Ansprüche der Betroffenen sind offenkundig, etwa auf die Lebzeitenleistungen, Verletztenvollrente, Übergangsleistungen, Verletztengeld, Hinterbliebenenleistungen, wie die Witwenrente und die Waisenrenten.

Im Falle des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen – L 15 U 371/13 – entfällt aber offenbar die Beschwer, weil keine Erben mehr auffindbar waren.

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Asbestbelastung

Asbestbelastung eines Elektrikers, Beleuchter am Stadttheater Saarbrücken, wo der Theatervorhang 1966 bis 1969 aus Asbest war

Mit 36 Jahren verstarb der Versicherte, ein Familienvater, Vater von zwei Kindern.

Die Witwe und die Waisen mußten das Verfahren – S 16 U 83/96 – Sozialgericht Köln wieder aufnehmen, nachdem bis zum heutigen Tag noch keine Entschädigung geleistet wird für den Fall des Lungenkrebs dieses Versicherten.

Vorliegend geht es um die Frage, Listenberufskrankheit Nr. 4104 oder Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall.

Ein unabhängiges arbeitstechnisches Sachverständigengutachten liegt bis heute nicht vor.

Nur die beteiligten Technischen Aufsichtsbeamten der Berufsgenossenschaft oder der Versicherungsträger gaben ihr Votum ab.

Die Asbestemission des Theatervorhanges aus Asbest ist nicht nachgestellt worden.

Meßwerte gäbe es angeblich nicht für Asbestvorhänge.

Selbst wenn eine Asbestbelastung von 3,5 Asbestfaserjahren vorgelegen hätte, müßte multipliziert werden beim Raucher, dessen zehnfaches Lungenkrebsrisiko durch die Asbestbelastung um mehr als das 5-fache gesteigert wurde.

Dies ergibt sich aus einer Studie von Hammond.

Was es bedeutet, daß früher Theatervorhänge aus Asbest waren, mag den unabhängigen Betrachter erschüttern, nicht aber den Sozialrichter, der wegen Geringfügigkeit bzw. angeblicher Geringfügigkeit der Exposition die Klage abwies.

Dabei ist das Lebensalter des Versicherten Beweis dafür bzw. Indiz dafür, daß nicht nur geraucht wurde, sondern auch Asbest inhaliert worden ist, was zu einer Multiplikation der Schadstoffauswirkungen in synergistischer Weise führte.

Starb nicht überdies der Dirigent Leonhard Bernstein an Asbestkrebs?

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Neue Erkenntnisse beim Lungenkrebs durch Asbest

In einem Rechtstreit – L 3 U 227/06 – Hessisches Landessozialgericht hatte der Sachverständige in einer Stellungnahme vom 13.07.2008 folgendes ausgeführt:

„Aus arbeits- und sozialmedizinischer Sicht stellt selbst eine BK rechtlich versicherte Teilursächlichkeit von ggf. 12,3 Asbestfaserjahren insoweit keine Gelegenheitsursache sondern eine wesentlich, nämlich annähernd multiplikativ, mitwirkende Teilursache dar.“

Von daher dürfen keine 25 Asbestfaserjahre gefordert werden, s. Berufskrankheit Nr. 4104, wenn der Sachverständige mit dieser Beurteilung richtig liegt.

Der Sachverständige stellte dann noch weiter fest:

„Aus der Sicht der arbeits-, sozial- und umweltmedizinischen Wissenschaft stellt eine Bk rechtlich versicherte Kumulative Dosis selbst von 7,4 Asbestfaserjahren grade Angesichts eines exzessiv starken Zigarettenkonsums insoweit keine Gelegenheitsursache, sondern eine wesentliche, nämlich annähernd multiplikativ mitwirkende Teilursache dar.“

Wie nun mit einer solchen Teilursache nach dem Wissenschaftlich hart erarbeiteten Verständnis eines Hochschullehrers sozialrechtlich umzugehen sei, stehe auf einem anderen Blatt.

Mithin bricht der sozialpolitische Kompromiß in sich zusammen, bei fehlenden Brückensymptomen in Form der Pleura-bzw. Lungenasbestose 25 Asbestfaserjahre zu verlangen, statt anzuerkennen, daß die Staublunge und der Lungenkrebs zwei voneinander verschiedene, nicht notwendig miteinander vergesellschaftete Wirkungen ein und derselben Ursache Asbest sind.

So hält es dann auch die IAO-Liste der Berufskrankheiten, dort die Nr. 28.

Wie viele Asbestkrebsfälle der Ablehnung anheim fallen, weil man die Asbesteinwirkung als bloße Gelegenheitsursache abtut, kann nur geahnt werden.

Wenn die Erfahrung des Unterzeichners richtig ist, daß auf ein Asbestmesotheliom 10 Asbestlungenkrebsfälle kommen, hätten wir es mit dem zehnfachen Anfall von Lungenkrebserkrankungen durch Asbest zu tun, und zwar in der Wirklichkeit.

Anspruchsgrundlage bzw. Anknüpfungspunkt für neue Erkenntnisse ist die Vorschrift des § 9 Abs. 2 SGB VII, wo die Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall geregelt ist.

Bei dem oben zitierten Sachverständigen handelt es sich um den führenden Arbeitsmediziner Deutschlands, einen Lungenfacharzt, der angesehener Asbestexperte ist bei den Berufskrankheiten.

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Feststellung einer Minimalasbestose im Lungenkrebsfall, Berufskrankheit Nr. 4104

Das Bundessozialgericht hat in einer Rechtssache – B 2 U 177/10 B – unter dem 13.09.2010 die Grundsätzlichkeit der Rechtsfragen nicht erkennen können, die ausdrücklich gestellt waren:

„Ob nicht 20 bis 30 Asbestkörper pro Kubikzentimeter Lungengewebe ausreichend sind für die Annahme einer sogenannten Minimalasbestose“

und

„ob die beim Deutschen Mesotheliomregister praktizierte Forderung von 1.000 Asbestkörpern pro Kubikzentimeter zum Nachweis einer Minimalasbestose zutreffend ist oder nicht“.

Es fragt sich, ob das Bundessozialgericht die Grundsätzlichkeit dieser Rechtsfragen übersehen durfte, obwohl im Oktober 2010 in Falkenstein die Berufsgenossenschaftliche Tagung anstand, zum Thema der Falkensteiner Empfehlungen für Asbestbegutachtungsfälle, wo gerade diese Fragen eminente Bedeutung aufwiesen.

Statt dessen verweist das Bundessozialgericht auf eine Entscheidung des Senats vom 06.04.1989 –  2 RU 55/88 -, wo folgendes zu lesen ist:

„Dabei ist es unter Berufung auf die von Prof. Dr. U./Prof. Dr. M. als gültig bezeichnete, herrschende medizinische Lehrmeinung davon ausgegangen, daß die Diagnose einer Minimalasbestose an den histologischen Nachweis von eiweißumhüllten Asbestkörperchen im Lungengewebe gebunden sei.“

Ergebnis der Falkensteiner Empfehlungen bzw. der Tagung in Falkenstein ist einerseits, daß keine Asbestkörperchen zu fordern sein dürften in Deutschland, weil in Deutschland vornehmlich Weißasbest verarbeitet wurde mit der Folge des sogenann-ten Fahrerfluchtphänomens, in dem Sinne, daß der Weißasbest später nicht mehr im Körper auffindbar ist.

Wenn das Bundessozialgericht ernstlich den Nachweis von Asbestkörperchen fordert, obwohl mehr als 90 % des in Deutschland verarbeiteten Asbestes Weißasbest war, dann wirft das höchste Gericht gewissermaßen die Forschungsergebnisse des führenden Arbeitsmediziners Prof. Dr. Woitowitz, c/o Justus-Liebig-Universität in Gießen, über Bord.

Ergebnis der Falkensteiner Tagung im Oktober 2010 war zunächst deutlich, daß eine Forderung von 1.000 Asbestkörpern pro Kubikzentimeter zum Nachweis einer Minimalasbestose nicht gestellt werden darf.

Darüber waren sich offenbar alle Teilnehmer einig, daß dieses Abschneidekriterium der Vergangenheit nicht weiter Platz greifen dürfe.

Ob Asbestkörperchen gefordert werden können bzw. deren Nachweis oder nicht, diese Frage wurde im Oktober 2010 in Falkenstein divergierend beantwortet und nicht geklärt.

Die berufsgenossenschaftliche Pathologin, Prof. Tannapfel, vom Mesotheliomregister, welches ein Gutachtenmonopol unterhält gewissermaßen in den Asbestfällen, würde lieber den Begriff Asbestose ersten Grades statt einer Minimalasbestose angewandt sehen, was allerdings offenbar zu einer Verstärkung der Anforderung führen dürfte, statt eine Minimalasbestose zu belassen, und zwar in dem Sinne, daß es sich wirklich nur um eine Minimalasbestose handeln muß.

Dabei wurde in Falkenstein nicht erkannt, daß einmal die Einwirkungskausalität der Einwirkung von Asbest und andererseits die Feststellung einer Lungenfibrose oder Pleurafibrose genügt, um dann anhand einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit den Zusammenhang zu prüfen.

Statt dessen wird in den Lungen histologisch und von den Pathologen weiter danach geforscht, ob Asbestspuren in der Fibrose feststellbar sind, als ob es das Fahrerfluchtphänomen des Weißasbests gar nicht gäbe, der zu mehr als 90 % in der Bundesrepu-blik Deutschland verarbeitet wurde.

Allen Ernstes wird die idiopathische Lungenfibrose, d.h. eine Fibrose unbekannter Ur-sache, zum eigenen Krankheitsbild erklärt, als ob es sich nicht dabei nur darum han-delte, daß man nicht weiß, wie man diese Fibrose zuordnen soll.

War der Versicherte als Elektriker oder Dachdecker oder Isolierer jahrzehntelang as-bestexponiert, fällt die Zuordnung der Lungenfibrose bzw. Pleurafibrose zur Asbestbelastung deshalb nicht schwer, weil hier bereits wesentliche Mitursächlichkeit des Zu-sammenhangs genügt.

Dabei genügt dann die Plausibilität und die hinreichende Wahrscheinlichkeit, statt der Forderung von etwa Prof. Tannapfel, eine Lungenfibrose asbestbedingter Art müßte im Strengbeweis nachgewiesen sein.

Die beiden Eckpfeiler des Kausalzusammenhangs, Asbesteinwirkung und Fibrose verknüpfen sich in der Frage nach der hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs und nicht mehr.

Die überzogenen Forderungen der Pathologen an den Nachweis einer Asbestose im Fall von Nr. 4104, Kehlkopfkrebs oder Lungenkrebs in Verbindung mit einer Asbestbelastung, kann mit folgendem Beispiel vielleicht ad absurdum geführt werden, daß man nun dann auch bei der Lärmschwerhörigkeit nach Jahrzehnten einer Lärmbelastung gutachterlich nach dem Lärm im Ohr bei der Untersuchung forscht.

Das müssen sich die Rechtsuchenden im Fall einer Asbestlungenkrebsfalls oder Asbestkehlkopfkrebsfalls nun weiter bieten lassen, weil das Überziehen der Anforderungen an den Nachweis einer Minimalasbestose stark zunimmt in der Praxis.

Nunmehr will die Pathologin Prof. Tannapfel vom Berufsgenossenschaftlichen Mesotheliomregister die Validität der Forderungsergebnisse von Prof. Woitowitz, c/o Justus-Liebig-Universität Gießen, prüfen, als ob die Forschungsergebnisse von Prof. Woitowitz nicht längst Standard sind in der Medizin unter den Asbestexperten.

Das Bundessozialgericht hätte gut daran getan, einen Monat weiter zu sehen, um die Grundsätzlichkeit der gestellten Fragen zu erkennen, deren Grundsätzlichkeit angeblich nicht dargetan wäre bzw. nicht erkennbar wäre.

Das Falkensteiner Ergebnis in den Falkensteiner Empfehlungen ist dahin zu korrigieren, daß an keiner Stelle der Nachweis von Asbestkörpern bei einer Minimalasbestose gefordert werden darf.

Eine Anmerkung am Rande sei erlaubt.

Der Richter, der auf der Falkensteiner Tagung referierte zu der Neutralität der Feststellungen, welche die DGUV, ein privatrechtlicher Verein, federführend bearbeitet, übersah deutlich, daß gegenüber dem Hauptverband der Gewerblichen Berufsgenossenschaft bzw. gegenüber dem Spitzenverband der Gesetzlichen Unfallversicherung DGUV Ablehnungsanträge schon deshalb nicht denkbar sind, weil es sich um einen privatrechtlichen Verein handelt, und nicht um eine Behörde im Sinne des  Sozialgesetzbuch X.

Allerdings wurde auch die Fragwürdigkeit eines berufsgenossenschaftlichen Gutachtenmonopols angesprochen auf der Tagung, von einem Teilnehmer, die nicht zu übersehen ist, auch nicht von der Sozialgerichtsbarkeit.

Daran entscheiden sich die Fälle, die im Einzelfall etwa mit 350.000 Euro kapitalisiert zu veranschlagen sind, was die Schadenssumme anbetrifft, etwa in Form der berufsgenossenschaftlichen Leistungen, wenn anerkannt wird.

Feststellbar ist gegenwärtig, daß die Pathologen an Einfluß zunehmen, während die Forschungsergebnisse der Arbeitsmedizin gegenüber den Berufsgenossenschaften immer weniger ernst genommen zu werden scheinen.

Es hätte der Tagung gut angestanden, wenn Prof. Woitowitz, der führende Arbeitsmediziner, diese geleitet hätte, statt, daß die Forschungsergebnisse in das Publikum verbannt wurden, wo dieser Sachverständige zugegen war.

Fazit: Selbst die grundsätzlichsten Fragen interessieren die Sozialgerichtsbarkeit wenig.

Symptomatisch dafür ist ein Fall, den der Verfasser inzwischen dreimal vorgestellt hat, auf dem Arbeitsschutzkongreß in Düsseldorf, auf der vorletzten Falkensteiner Tagung und auf der diesjährigen Falkensteiner Tagung, nämlich der Fall, daß ein Chemiewerker Asbest in den Kneter einfüllte, ungeschützt aus Säcken, wofür die Berufsgenossenschaft 10 Fasern pro Kubikzentimeter ansetzt, statt 500 Fasern pro Kubikzentimeter.

Dies ging dann verfahrensmäßig so, daß durch einen Querverweis der Kunststoffwerker, der Asbest einfüllt, an die Stelle verwiesen wird, wo ein Arbeitnehmer mit leeren Asbestsäcken hantiert.

Dieser Fall beschäftigte das Sozialgericht Gießen und zeigte die Tendenz, berufsgenossenschaftliche Erkenntnisse, mögen diese noch so falsch sein, mit den Mitteln des Gerichts durchzusetzen, also im konkreten Fall unbegründet Verschuldenskosten der Hinterbliebenenseite aufzuerlegen, weil diese es wagte, es auf ein Urteil des Sozialgerichts Gießen ankommen zu lassen.

Die falsche Zählung, die extrem falsch ist im gebildeten Beispiel, zeugt von der Rich-tigkeit der Forderung von Prof. Woitowitz, c/o Justus-Liebig-Universität Gießen, die Einholung von unabhängigen arbeitstechnischen Sachverständigengutachten im Berufskrebsfall für unverzichtbar zu erklären, wovon wir in der Gegenwart weit entfernt sind, weil die Gerichte das Parteivorbringen der beklagten Berufsgenossenschaften als Gutachten ihren Entscheidungen zugrunde legen und mit der Androhung von Verschuldenskosten gegenüber den Rechtsuchenden diese von einer Kritik daran und einer Fortsetzung des Verfahrens abhalten.

Daß es die Crux der arbeitsmedizinischen und lungenfachärztlichen Gutachten im Asbestkrebsfall ist, wenn die berufsgenossenschaftlichen Expertisen von deren eigenen Beamten zugrunde gelegt werden, wurde immerhin auf der Falkensteiner Tagung deutlich, ohne, daß dieses Problem etwa gelöst worden wäre.

Fast alle Fragen harren in diesem Zusammenhang der Lösung.

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Gesetzliche Vermutung des Todesfallzusammenhangs

Gesetzliche Vermutung des Todesfallzusammenhangs bei anerkannter Berufskrankheit Nr. 4104 (Asbestlungenkrebs) mit einer MdE von 100 %;
hier: Berufsgenossenschaftlicher Versuch, der Witwe des berufskranken Ehemannes die Hinterbliebenenleistungen zu versagen

Der Ehemann der Klägerin, welche vor dem SG Köln klagte – S 18 U 267/06 – bezog zu seinen Lebzeiten eine Verletztenvollrente aufgrund einer Berufskrankheit Nr. 4104, Asbestlungenkrebs.

Ab 50 % MdE gilt in einem solchen Fall der Tod als Folge der Berufskrankheit, wenn nicht offenkundig das Gegenteil der Fall ist.

Offenbar ohne die Witwe darüber zu unterrichten, daß es diese gesetzliche Vermutung gibt, veranlaßte die beklagte Bau Berufsgenossenschaft, Wuppertal, ein Zusammenhangsgutachten seitens Prof. Tannapfel vom Mesotheliom-Register als Pathologin der Berufsgenossenschaften.

Die gesetzliche Vermutung ist in § 63 Abs. 2 SGB VII zwingend vorgesehen.

Die Beratungspflicht der Berufsgenossenschaft ergibt sich aus § 14 SGB I, wo es heißt:

„Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.“

Nicht einmal ein Gutachterauswahlrecht mochte die Beklagte Bau-Berufsgenossenschaft der Witwe anbieten, angeblich würde dies nicht gelten für den Todesfall.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung wurde die Bau-Berufsgenossenschaft, die einen Vertreter von einer anderen Berufsgenossenschaft geschickt hatte, antragsgemäß verurteilt, die gesetzlichen Hinterbliebenenleistungen in Form von Witwenrente und Sterbegeld zu gewähren.

Seitens der Berufsgenossenschaft wurde dann zugleich Rechtsmittelverzicht erklärt.

Im Verfahren hatte sich herausgestellt, daß es Fälle gibt, wonach die Metastasen des bösartigen Lungentumors ein differentes Erscheinungsmuster aufweisen, ohne daß dies den Zusammenhang aufhebt, geschweige denn, daß die Berufsgenossenschaft den Offenkundigkeitsbeweis für das Gegenteil eines Zusammenhangs gegenüber der gesetzlichen Vermutung führen könnte.

Der vorliegende Fall erinnert bzw. gemahnt an die Versuche, einen unbekannten Primärtumor ins Feld zu führen, als ob dies bei einer Obduktion überhaupt naheläge.

Jedenfalls wich das Mesotheliom-Register der Berufsgenossenschaften nicht von dem Weg ab, Zusammenhänge in Zweifel zu ziehen.

Ohne den Rechtstreit vor dem Sozialgericht Köln würde die Witwe keine Rente der Berufsgenossenschaft für den Tod ihres Ehemannes erhalten, welche 40 % des Brutto-Jahresarbeitsverdienstes ausmacht.

Anmerkung:

Der 17. Senat des Landessozialgerichts NRW verneint eine Pflicht der Berufsgenossenschaft, die Witwe oder Waisen etwa über die gesetzliche Vermutung des § 63 Abs. 2 SGB VII zu informieren bzw. aufzuklären, obwohl die Vorschriften des § 63 Abs. 2 SGB VII und des § 14 Sozialgesetzbuch 1 keinen Zweifel daran lassen, daß die Berufsgenossenschaft als Leistungsträger beratungspflichtig ist, bevor eine Obduktion veranlaßt wird.

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