Kein Ausfall der Lebzeitenleistungen

Kein Ausfall der Lebzeitenleistungen bei posthumer Anmeldung des Pleuramesothelioms, Berufskrankheit-Nr. 4105, wenn der verspätet anzeigende Arzt bereits früher, d.h. zu Lebzeiten des Versicherten den Verdacht auf eine Berufskrankheit hatte

Wir nehmen Bezug an dieser Stelle auf den Pressevorbericht des Bundessozialgerichts zum Aktenzeichen – B 2 U 3/09 R – wieder, L. ./. Holz-BG.

Das angesprochene Grundsatzurteil, 8. Senat BSG vom 08.10.1998 – B 8 KN 1/97 UR – erging in einem Fall, den unsere Kanzlei vertreten hat, wo also die verspätete Meldung des Pleuramesothelioms keinen Leistungsausschluß nach sich zog, was die Lebzeitenleistungen anbetraf.

Knapp 12 Jahre später vertraten wir dann den Fall – B 2 U 3/09 R -, in welchem die Besonderheit auffiel, daß der ärztliche Leiter des Mesotheliom-Registers der Berufsgenossenschaften noch in keinem Fall selbst eine ärztliche Anzeige einer Berufskrankheit im Falle der Berufskrankheit-Nr. 4105 erstattet hat, obwohl der Verdacht auf eine Berufskrankheit-Nr. 4105 in jedem Fall eines Mesothelioms gegeben ist und der leitende Arzt des berufsgenossenschaftlichen Mesotheliom-Registers den Mesotheliomen quasi am nächsten steht.

Diese Besonderheit erstaunte auch das höchste Gericht, d.h. das Bundessozialgericht.

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Kürzung der Rentenversicherungsleistung in Form der Witwenrente

Kürzung der Rentenversicherungsleistung in Form der Witwenrente bei Zusammentreffen mit Leistungen der Berufsgenossenschaft wegen eines Pleuramesothelioms, BK Nr. 4105, obwohl der Versicherte zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls bzw. der Erkrankung bereits über 65 Lebensjahre alt war, vgl. dazu Urteil des BSG vom 29.11.1967

‑ 4 RJ 161/67

Das Begehren der Klägerin wurde zwar im Beschluß des Bundessozialgerichts – B 5 R 78/10 B – Seite 3 oben, durchaus deutlich, ohne daß allerdings das Bundessozialgericht eine grundsätzliche Bedeutung erkennen mochte in den Fragen der Kürzung der Witwenrente aus der Rentenversicherung um die Leistungen der Berufsgenossenschaft, welche für ein Pleuramesotheliom, Berufskrankheit Nr. 4105, fällig geworden sind.

Im Streit stand, daß die Deutsche Rentenversicherung die Lebzeitenleistungen, d.h. die Altersrente und die Hinterbliebenenleistungen um die Leistungen der Berufsgenossenschaft kürzte und Rückforderungen erhob.

Nicht zu übersehen war die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage wegen unzulässiger Rechtsausübung der Rentenversicherung hinsichtlich von der Rentenversicherung erwirkten Gesetzesänderungen.

Eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne der unzulässigen Rechtsausübung folgt diesseitiger Auffassung nach auch daraus, daß sich die Deutsche Rentenversicherung zuvor eine gesetzeswidrige Kürzungspraxis hatte angelegen sein lassen, ohne daß etwa das Gesetz in § 93 Abs. 5 SGB VI geändert gewesen wäre.

Eine grundsätzliche Bedeutung rührt auch daher, daß hier eine Günstigkeitsvorschrift zur Jahresarbeitsverdienstberechnung im Berufskrankheitenfalle in deren Gegenteil verwandelt wurde, und zwar rechts- und gesetzeswidrig von Anfang an.

Es erscheint überdies als unzulässig, und zwar in grundsätzlicher Bedeutung, eine in sich widersprüchliche Gesetzesvorschrift, wie § 93 Abs. 5 SGB VI in Ansehung der Einführung des letzten Tages der gefährdenden Tätigkeit anzuwenden.

Diese Probleme mochte sich das Bundessozialgericht gewissermaßen nicht anziehen.

Unzulässig war, daß sich die Rentenversicherung angeblich deklaratorisch das Gesetz hatte ändern lassen, um gewissermaßen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auszuweichen, bzw. diese zu unterlaufen.

Rechtssystematisch ist es deutlich verfehlt, die Leistungen der Rentenversicherung zu kürzen, die aufgrund der Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber erbracht werden.

Statt dessen könnte es sich dabei letztlich nur um eine Frage der Schadensberechnung der Berufsgenossenschaft handeln, wofür allerdings das Sozialgesetzbuch VII keine Handhabe bietet.

Insofern ist diesseitiger Auffassung nach der Anrechnungspraxis der Rentenversicherung entschieden zu widersprechen.

Allerdings macht sich die Rentenversicherung zunutze, daß die Probleme derart kompliziert werden, daß am Ende kein Sachbearbeiter mehr der Rentenversicherung und der Berufsgenossenschaft die Übersicht über die Entschädigungspraxis behält.

Das Übersehen der Grundsatzprobleme, welche das Bundessozialgericht beim besten Willen ebensowenig wie die Divergenz übersehen konnte, gibt zu Bedenken Anlaß im vorliegenden Fall.

Der Ehemann der Klägerin und Beschwerdeführerin B. B., geb. 16.01.1938, verst. 04.07.2007, befand sich bereits in einem Lebensalter von über 65 Jahren und im Ruhestand, als er an einer Berufskrankheit im Sinne des Pleuramesothelioms, Berufskrankheit Nr. 4105, mit Versicherungsfall vom 01.09.2003 erkrankte.

Insofern konnte der Rentenversicherung gar kein Schaden entstehen, welcher diese zur Kürzung sachlich berechtigen könnte.

Daß auch nach früherer Entschädigungspraxis die Witwenrente gewährt wurde anrechnungsfrei aus der Rentenversicherung, wenn der Versicherte über 65 Lebensjahre alt war, möchte das Bundessozialgericht offenbar nicht gelten lassen, weil es nunmehr heißt „Sozialgesetzbuch“ und nicht mehr Reichsversicherungsordnung, ohne aber daß die Vorschriften dieserhalb sich sachlich geändert hätten.

Insofern beansprucht das Urteil vom 29.11.1967 – BSG 4 RJ 161/67 – noch immer Gültigkeit.

„Die Witwenrente aus der Arbeiterrentenversicherung ruht trotz Zusammentreffens mit einer Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung jedenfalls dann nicht, wenn die Leistung aus der Unfallversicherung wegen eines Unfalls gewährt wird, der sich ereignete, nachdem der Versicherte das 65. Lebensjahr vollendet hatte.“

Arbeitsunfall und Berufskrankheit wurden seinerzeit gleichbehandelt.

Im Ergebnis kann es also so sein, daß die Witwe trotz der berufsgenossenschaftlichen Ansprüche, die überdies Schmerzensgeldanteile enthalten, deshalb in Not gerät, weil ihre Witwenrente aus der Rentenversicherung gewissermaßen zusammengestrichen wird.

Dies kann im Ernstfall darauf hinauslaufen, daß nur noch 1/20 der Witwenrente aus der Rentenversicherung gewährt wird oder nur noch 1/10 dessen.

Deutlichere Eigentumsverletzungen im Sinne der Verfassung sind kaum denkbar.

Gleichwohl gehen die Rechtsuchenden derzeit leer aus, welche sich gegen die Kürzungspraxis verwahren.

Anzuregen wäre, daß einmal im Rahmen einer Doktorarbeit die Probleme abgehandelt werden, die sich aus den gesetzlichen Vorschriften und deren sachwidrige Änderungen ergeben haben, bis hin zu der rechtssystematisch verfehlten Kürzungspraxis hinsichtlich der Rentenversicherungsleistungen.

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Besonderheiten im Verfahren des Deutschen Mesotheliomregisters

Besonderheiten im Verfahren des Deutschen Mesotheliomregisters, einer berufsgenossenschaftlichen Einrichtung bzgl. der Berufskrankheit Nr. 4105 etc.

Ein Fall der Holz-Berufsgenossenschaft, Bezirksverwaltung Bremen, 407021932 A, gibt Anlaß zur Anmerkung.

Dort war der Verdacht eines Pleuramesothelioms geäußert worden.

Es wurde sodann ohne Angebot eines Gutachterauswahlrechtes das Deutsche Mesotheliomregister als Gutachter bestellt, Verstoß gegen § 200 Abs. 2 SGB VII.

Die Berufsgenossenschaft hält dies für unerheblich, weil auch ansonsten kein Nachweis einer Berufskrankheit zu führen wäre.

Dies bliebe allerdings erst abzuwarten.

Es interessiert nämlich, wie ein unabhängiger Pathologe den Fall beurteilt.

In einem Schreiben fällt auf, daß eine Biologin, Frau Dr. F., offenbar unterschreibt.

Dies war offenbar in zahlreichen Fällen des Deutschen Mesotheliomregisters die Regel, bis dies von unserer Kanzlei gerügt wurde.

Nunmehr findet sich in dem zitierten Fall sogar eine Doppelung der Unterschriften, Prof. Dr. A.T., Prof. Dr. K.-M.M., bei letzterem handelt es sich wieder um den pensionierten Leiter des Instituts bzw. Mesotheliomregisters.

Dieser hat nach eigener Zeugenbekundung in einem Einzelfall, welcher zu Lebzeiten ärztlich nicht gemeldet worden war, einräumen müssen, daß trotz der Anzeigepflicht in jedem Fall eines Mesothelioms bislang keine einzige Berufskrankheitenanzeige dieser Art vom damaligen Leiter des Mesotheliomregisters erstattet wurde.

Diese Besonderheiten wollen nicht recht passen zum Bild dessen, daß die Berufsgenossenschaften interessiert wären, die aufkommenden Schadensfälle von Amts wegen abzuarbeiten bzw. überhaupt in Angriff zu nehmen.

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