Todesfallzusammenhang Asbestose
Gesetzliche Vermutung des Todesfallzusammenhangs am Beispiel der Asbestose, BK Nr. 4103 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung
Gesetzliche Vermutung des Todesfallzusammenhangs am Beispiel der Asbestose, BK Nr. 4103 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung
Gesetzliche Vermutung des § 9 Abs. 3 SGB VII, daß der Berufskrankheitenlistenstoff ursächlich für die Berufskrankheit geworden ist, etwa Asbest
Diese Einführung einer gesetzlichen Vermutung in § 9 Abs. 3 SGB VII wurde offenbar ausgelöst durch einen Aufsatz seinerzeit des Verfassers also unserer Anwaltskanzlei, zum Thema: Strengbeweis zu Lasten der gewerblichen Arbeiter, aber Umkehr der Beweislast zu Gunsten des Beamten im Berufskrankheitsfall, sinngemäß.
Zwar ist die Einführung der gesetzlichen Vermutung zu begrüßen, allerdings findet diese gesetzliche Vermutung wenig Resonanz in der berufsgenossenschaftlichen Entschädigungspraxis der Berufskrankheiten.
Der Wortlaut der gesetzlichen Vermutung ist wie folgt:
„Erkranken Versicherte, die in Folge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese in Folge der Versichertentätigkeit verursacht worden ist.“
Diese gesetzliche Vermutung kam etwa einer Ärztin zugute, die sich beruflich an Aids infizierte, Berufskrankheit Nr. 3101 der Berufskrankheitenliste, wo also die Berufsgenossenschaft eine anderweitige Verursachung nicht dartun konnte.
Bei den Asbestosen der Asbestwerker allerdings findet das Gegenteil statt, indem statt der gesetzlichen Vermutung bzw. statt diese anzuwenden, auf eine idiopatisch verursachte Lungenfibrose abgehoben wird.
Ohne jeden Nachweis der anderweitigen Verursachung wird die Asbestbelastung etwa des Dachdeckers beim Schneiden von Asbestzement außer acht gelassen, wenn man berufsgenossenschaftlich die Lungenfibrose Grad III einer schicksalhaften Entstehung zurechnet.
Eine Asbestose des Grades III dürfte eine hohe MdE verursachen.
Es wird dem Betroffenen im Asbestbereich nicht eben selten die Verletztenrente vorenthalten und später den Hinterbliebenen die Witwen- und Waisenrenten.
Die idiopatische Lungenfibrose hat sehr zu unrecht als die große Unbekannte andere Ursache den Asbestosen gewissermaßen den Rang abgelaufen, die nicht mehr erkannt werden, obwohl die Betroffenen Jahrzehnte mit Asbest Umgang hatten beruflich.
Deshalb sei nachdrücklich die gesetzliche Vermutung wie oben bezeichnet in Erinnerung gerufen, um etwa dem Wirken des berufsgenossenschaftlichen Mesotheliom-Registers in der Entwicklung idiopatischer Asbestosen entgegenzuwirken.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht
Gesetzliche Vermutung des Todesfallzusammenhangs bei anerkannter Berufskrankheit Nr. 4104 (Asbestlungenkrebs) mit einer MdE von 100 %;
hier: Berufsgenossenschaftlicher Versuch, der Witwe des berufskranken Ehemannes die Hinterbliebenenleistungen zu versagen
Der Ehemann der Klägerin, welche vor dem SG Köln klagte – S 18 U 267/06 – bezog zu seinen Lebzeiten eine Verletztenvollrente aufgrund einer Berufskrankheit Nr. 4104, Asbestlungenkrebs.
Ab 50 % MdE gilt in einem solchen Fall der Tod als Folge der Berufskrankheit, wenn nicht offenkundig das Gegenteil der Fall ist.
Offenbar ohne die Witwe darüber zu unterrichten, daß es diese gesetzliche Vermutung gibt, veranlaßte die beklagte Bau Berufsgenossenschaft, Wuppertal, ein Zusammenhangsgutachten seitens Prof. Tannapfel vom Mesotheliom-Register als Pathologin der Berufsgenossenschaften.
Die gesetzliche Vermutung ist in § 63 Abs. 2 SGB VII zwingend vorgesehen.
Die Beratungspflicht der Berufsgenossenschaft ergibt sich aus § 14 SGB I, wo es heißt:
„Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.“
Nicht einmal ein Gutachterauswahlrecht mochte die Beklagte Bau-Berufsgenossenschaft der Witwe anbieten, angeblich würde dies nicht gelten für den Todesfall.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung wurde die Bau-Berufsgenossenschaft, die einen Vertreter von einer anderen Berufsgenossenschaft geschickt hatte, antragsgemäß verurteilt, die gesetzlichen Hinterbliebenenleistungen in Form von Witwenrente und Sterbegeld zu gewähren.
Seitens der Berufsgenossenschaft wurde dann zugleich Rechtsmittelverzicht erklärt.
Im Verfahren hatte sich herausgestellt, daß es Fälle gibt, wonach die Metastasen des bösartigen Lungentumors ein differentes Erscheinungsmuster aufweisen, ohne daß dies den Zusammenhang aufhebt, geschweige denn, daß die Berufsgenossenschaft den Offenkundigkeitsbeweis für das Gegenteil eines Zusammenhangs gegenüber der gesetzlichen Vermutung führen könnte.
Der vorliegende Fall erinnert bzw. gemahnt an die Versuche, einen unbekannten Primärtumor ins Feld zu führen, als ob dies bei einer Obduktion überhaupt naheläge.
Jedenfalls wich das Mesotheliom-Register der Berufsgenossenschaften nicht von dem Weg ab, Zusammenhänge in Zweifel zu ziehen.
Ohne den Rechtstreit vor dem Sozialgericht Köln würde die Witwe keine Rente der Berufsgenossenschaft für den Tod ihres Ehemannes erhalten, welche 40 % des Brutto-Jahresarbeitsverdienstes ausmacht.
Anmerkung:
Der 17. Senat des Landessozialgerichts NRW verneint eine Pflicht der Berufsgenossenschaft, die Witwe oder Waisen etwa über die gesetzliche Vermutung des § 63 Abs. 2 SGB VII zu informieren bzw. aufzuklären, obwohl die Vorschriften des § 63 Abs. 2 SGB VII und des § 14 Sozialgesetzbuch 1 keinen Zweifel daran lassen, daß die Berufsgenossenschaft als Leistungsträger beratungspflichtig ist, bevor eine Obduktion veranlaßt wird.
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