Anwaltliche Checkliste auf BG-Fehler

Anwaltliche Checkliste auf BG-Fehler bei Arbeitsunfall, Wegeunfall (auch Familienheimfahrt), Berufskrankheit (auch Asbestkrebsfälle)

Im Rahmen der Fortbildung hat unsere Kanzlei die nachstehende anwaltliche Checkliste auf BG-Fehler, d.h. Berufsgenossenschaftsfehler, erarbeitet, deren Handhabung hilfreich sein soll für die Geschädigten.

  1. Verbotswidriges Verhalten schließt den Versicherungsschutz nicht aus, so ausdrücklich § 7 Abs. 2 Sozialgesetzbuch VII.

Wir fragen uns immer noch, wie die Blutalkoholkonzentration beim Verkehrsteilnehmer dem Versicherten zum Nachteil gereicht, wo doch § 7 Abs. 2 Sozialgesetzbuch VII eindeutig ist.

Nachstehend also die anwaltliche Checkliste auf BG-Fehler:

  1. Verbotswidriges Verhalten schließt den Versicherungsschutz nicht aus, so ausdrücklich § 7 Abs. 2 Sozialgesetzbuch VII.
  2. Wurde der Katalog der versicherten Tätigkeiten geprüft, § 2 SGB VII, zum Beispiel auch Tätigkeit „wie ein Versicherter?“
  3. Achtung bei „gemischter Tätigkeit“! Wenn private Momente, etwa privater Haushalt, mitwirken, muss dies den Versicherungsschutz nicht ausschließen.
  4. Versicherter ist in dem körperlichen Zustand versichert, in welchem er sich befindet (bei privatem Vorschaden tritt der Arbeitsunfall um so eher auf).
  5. Wurde wesentliche Mitursächlichkeit beruflicher Art geprüft? (Der Unfall, die Berufskrankheit muss nicht die alleinige Ursache sein).
  6. Bitte auf den BG-Fehler einer monokausalen Betrachtung im Gutachten bzw. in den Gutachten der BG achten.
  7. Vorsicht bei dem Einwand der „der Gelegenheitsursache“, daß der Schaden bei jeder anderen Gelegenheit zum gleichen Zeitpunkt entstanden wäre, welche hypothetisch-reserveursächliche Einwendung die BG nicht beweisen kann, weshalb sich diese also von Rechts wegen in Beweisnot befindet.
  8. Selbst eine verhältnismäßig niedriger zu wertende Ursache beruflicher Art kann sehr wohl wesentlich sein, BSG in NJW 1964, 2222.
  9. Wurden „Beweisregeln“ angewandt („eine gesunde Sehne wäre bei dem Unfall nicht gerissen“)?
  10. Oder wurden antizipierte Parteigutachten, von den Berufsgenossenschaften beeinflusste Merkblätter in Bezug genommen?
  11. „Fehlende Mitwirkung“ enthebt die BG nicht von der Amtsermittlungspflicht.
  12. Hat die Berufsgenossenschaft das Verfahren mit rechtsbehelfsfähigem Bescheid gegenüber dem Versicherten abgeschlossen?
  13. Wurde von der BG dem Versichertenein Gutachterauswahlrecht angeboten (auch bei Obduktion!).
  14. Wurde nur ein Beratender Arzt gehört, Verstoß gegen § 200 Abs. 2 SGB VII.
  15. Dringend: Akteneinsicht nehmen wegen der Gutachten, die Überraschungen enthalten können (Ablehnungsbescheid trotz positivem Gutachten), Akteneinsicht nehmen auch wegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen bei einer Berufskrankheit. Ein Gutachterauswahlrecht dürfte dem Versicherten auch hinsichtlich der arbeitstechnischen Gutachten zustehen, § 200 Abs. 2 SGB VII.
  16. Beurteilungsfehler in der Kausalität ergeben sich immer wieder bei Anwendung des berufsgenossenschaftlichen Begriffes bzw. bei Unterstellung einer sogenannten „finalen Handlungstendenz“, welche die Berufsgenossenschaft gerne als eigenwirtschaftlich hinstellt, z. B. bei Reinigung der asbestkontaminierten Arbeitskleidung des Ehemannes durch die Ehefrau, mit der Folge eines tödlichen Pleuramesothelioms für Letztere.

Bitte achten Sie auf Fristen.

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

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Tödliches Pleuramesotheliom der Hausfrau

Tödliches Pleuramesotheliom der deutschen Hausfrau, welche über 9 Jahre die asbestkontaminierte Arbeitskleidung ihres Mannes gereinigt hatte wie ein Versicherter;
hier: „Sozialbarock“

Da diese Art Fälle bis heute nicht gelöst sind in Deutschland, sei daran erinnert, wie der erste Fall dieser Reihe von Fällen verlief, den wir zur berufsgenossenschaftlichen Entschädigungspflicht angemeldet hatten.

In II. Instanz beim Landessozialgericht NRW obsiegte die Hausfrau, welche „wie ein Versicherter“ die Arbeitskleidung ihres Mannes gereinigt hatte und davon tödlich erkrankte.

Dies ließ die Berufsgenossenschaft allerdings nicht ruhen, deren Verwaltung in Revision ging.

Das Bundessozialgericht mochte bei Anwendung der Lehre von der finalen Handlungstendenz, einer berufsgenossenschaftlichen Lehre, keinen gewerblichen Aspekt erkennen, sondern nur private Momente.

Dem Bundesverfassungsgericht war die Angelegenheit nur einen Zweizeiler wert, mit welchem die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen wurde.

Dieser Beschluß trug die Unterschrift des späteren Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland.

Die Zeiten waren vorbei, als man beim Bundesverfassungsgericht noch dafür hielt, den Versicherungsschutz des Naciturus, d.h. der Leibesfrucht, in der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewährleisten.

Statt dessen kursierte in Richterkreisen das Wort des Präsidenten bzw. Verfassungsrichters, die Zeiten des Sozialbarocks seien vorbei.

Mehr Verständnis, jedenfalls was die Überlänge des Verfahrens anbetraf, zeigte der Europäische Gerichtshof, der eine Verzugsentschädigung von 10.000,00 DM zusprach, womit eine gewisse Linderung verbunden war.

Rechtsanwalt
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